Willkommen

Bei den Leisen Tönen. Manchmal braucht es einen Blog, um sich Luft zum Denken zu verschaffen. Keine Steckenpferde, Hobbies oder sonstiges Spezielles, nur Luft zum Denken.

Kontakt

shhhhtwoday(at)googlemail.com

Aktuelle Beiträge

Astrid Lindgren: Kalle...
Astrid Lindgren: Kalle Blomquist lebt gefährlich, Verlag...
Shhhhh - 28. Mai, 20:30
Fich
mit Michgemüse.
Lo - 2. Jun, 00:20
Er
meinte Fich. ...tennadelsarg. Twodays Beerdigung.
pathologe - 1. Jun, 08:21
Fisch?
Ich riech' nix. ;-)
Lo - 1. Jun, 07:37
Tschüß
...und danke für den Fisch.
Shhhhh - 1. Jun, 06:45

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Zwiebelchen

Ich saß bei Trithemius auf ein Kölsch. Wir trinken immer Kölsch, wenn ich bei ihm sitze. Ich sitze dann immer in einem Sessel, während er mir gegenüber sitzt auf seiner Couch. Dies ist eine der seltenen Gelegenheiten, wo er mir nicht seine starke rechte Seite zuwendet, sondern die Front. Das macht aber nichts.

Zwischen uns steht ein Tisch, auf dem wir unser Bier parken, auf dem Trithemius seine Bücher parkt, seine Korrespondenz und ich glaube eine Häkeldecke liegt da auch, hehe. Unter dem Tisch parkte er an diesem Abend eine Marzipankartoffel. Ich liebe Marzipankartoffeln aber bei bodennahen Präsenten bin ich immer ein wenig vorsichtig, auch wenn sie in geschlossenen Räumen vorkommen. Trithemius hat ja sogar eine Haushaltshilfe, die dafür sorgt, dass man vom Boden essen kann. Er stieß kurz zuvor eine Mineralwasserflasche um, es sprudelte und ein ziemlich großer Strom gelangte auf seinen Dielenboden. Er holte eine Papierrolle aus der Küche und wischte es auf. Ganz stolz zeigte er mir, wie sauber doch es bei ihm sei, denn es war kein Staub daran zu finden, lediglich die Flecken des Wassers.

Nur diese Marzipankartoffel lag da unter dem Tisch. Er sagte, er hätte diese verloren und kommt da auch so selten hin, also unter den Tisch, weshalb sie immer noch dalag, als ich kam. Ich sagte ihm, was ich davon hielt, nicht was ich dabei dachte. Ich dachte an Gianni Rodaris Kinderbuch „Zwiebelchen“, mein Lieblingsbuch in meiner Kindheit, wo das besagte Zwiebelchen für einen Lord, Fürst, Baron oder was auch immer, schuften musste und wenn es besonders fleißig war, dann durfte es ein leeres Bonbonpapier ablutschen. Das Buch erschien in der gleichen Reihe, wo auch schon „Tom Sawyer“ oder „Alfons Zitterbacke“ oder „Timur und sein Trupp“ abgedruckt worden. Ich hatte sie alle irgendwann einmal gelesen, aber „Zwiebelchen“ darauf kam ich immer wieder zurück. Es gab in dem Buch auch Illustrationen. Da war eine dabei, daran erinnerte ich mich später immer, wenn mir die Strafgefangenen von Escher über den Weg liefen. Das Bild, wo die Leute immer bergan gehen, im Kreis. Ich musste dabei an „Zwiebelchen“ denken.

Ich musste auch diesmal an „Zwiebelchen“ denken, als ich die Marzipankartoffel da so liegen sah und bugsierte Trithemius sogleich in die Rolle des Barons, ja ich glaube es war Baron Tomate, der seinen „Schützlingen“ ein Bonbonpapier übriglässt, damit sie die Süße einmal kosten dürfen. Ich tue Trithemius dabei natürlich unrecht, aber für meine Assoziationen kann ich ja nichts, die sind mir ja sozusagen eingewachsen wie ein Fußnagel.

Trithemius allerdings ist ja auch nicht frei von Assoziationen und ich kenne seine Gedanken natürlich nicht, vor allem nicht, was er dabei so denkt und wie das zustande kommt. Er sagte mir aber, was er dabei für einen Gedanken hatte, nämlich, dass die Marzipankartoffel ein Test für seine Haushaltshilfe sei, das dachte er, würde ich denken. Wie er darauf kam, weiß ich nicht, aber er wird daran wahrscheinlich genauso wenig unschuldig sein, wie ich bei meinen Gedanken. Wir ertappten uns also beide, sagten nur die bequeme Hälfte und lachten darüber. Über die Marzipankartoffel.
Bubi40 - 25. Dez, 09:57

höchst erstaunlich ...

zwar kenne ich das "Zwiebelchen" nicht ...
aber dass es "in diesen breiten" jemanden gibt der "Timur und sein Trupp" kennt, verwundert und erfreut mich. irgendwie stellt sich fast überall irgendeine überschneidende erfahrung ein, die man dann teilen kann ... ;-)

Shhhhh - 25. Dez, 16:45

Ein bißchen DDR habe ich ja noch mitgemacht, und gelesen habe ich dort auch;)
kiezneurotiker (Gast) - 25. Dez, 12:36

aua

Hey, ich mag ja deine Texte sehr, aber ein "wo" hinter einem Komma bereitet mir körperliche Schmerzen. "in der", bitte nimm "in der".
Erschreckend, dass jetzt schon angehende Akademiker mit dieser Unsitte anfangen. :)

Shhhhh - 25. Dez, 16:42

Ich experimentiere schon eine geraume Weile mit diesem Relativadverb (so heißt es bei Eisenberg), und an dieser Stelle fand ich es besonders schön, weil ich nämlich tatsächlich einen lokalen Anschluss im folgenden Satz unterzubringen vermochte, der sich allerdings, wie du richtig erkannt hast, nicht auf das wo bezieht. Dass das überhaupt jemandem auffällt...
Unsitten gibt es nicht im Sprachgebrauch;)
kiezneurotiker (Gast) - 25. Dez, 17:25

grmpf

Sturkopf. Das "wo" hinter dem Komma ist etwa so ästhetisch wie ein "tun" hinter einem anderen Verb. Marzahn-Hellersdorf-Plattenbaudeutsch. :)=

Wie sieht es eigentlich mit den Links aus? Schickste da noch ne Rundmail? Tikerscherk wartet auf ihren zum Beispiel noch.
iGing - 25. Dez, 17:48

Es gibt zwei Stellen mit "wo" - nur eines lässt sich überhaupt, wenn es denn nötig wäre, durch "in der" ersetzen:

1. "... Kinderbuch „Zwiebelchen“, mein Lieblingsbuch in meiner Kindheit, wo das besagte Zwiebelchen für einen Lord, Fürst, Baron oder was auch immer, schuften musste ..."

Also, wenn schon unbedingt, dann muss hier "in deM" hin, da es sich auf das Kinderbuch bezieht, nicht auf die Kindheit.

2. "Das Bild, wo die Leute immer bergan gehen, im Kreis."

Hier wäre ein "auf dem" angebracht - aber klingt das dann wirklich so viel besser?

Erlaubt die neue Rechtschreibung/Grammatik nicht sogar Konstruktionen wie - ggrrchch, das fällt schwer, das hinzuschreiben!! - "Der Mann, wo ..." (wobei es sich ja nicht einmal um eine Ortsangabe handelt)???

Im Übrigen kann das Komma nie und nimmer ein Kriterium sein, allenfalls eine Eselsbrücke, denn natürlich gibt es auch "wo" hinter dem Komma (indirekter Fragesatz!).
kiezneurotiker (Gast) - 25. Dez, 22:44

Ich meinte den hier: "Das Buch erschien in der gleichen Reihe, wo auch schon „Tom Sawyer“ oder „Alfons Zitterbacke“ oder „Timur und sein Trupp“ abgedruckt worden."

In einem ansonsten sehr guten Text ein völlig missglückter Satz.

Tja, hier haben wir Sprachanarchist gegen Sprachpurist. Es ist wie mit allem eine Frage der persönlichen Vorliebe bzw. Erfahrungen. Ich assoziiere mit dem "wo" hinter dem Komma leider nur sprachgehandicappte Schakelyne-Schakiras aus Marzahn-Hellersdorf. Wenn das Kulturwandel ist, dann sind wir mittendrin, da diese Unart auch schon bei Spiegel und Zeit ihren Einstand gefeiert hat.

Es ist hässlich, potthässlich gar, aber umbringen tut mich das nicht tun. :)=
Shhhhh - 25. Dez, 23:43

Huch,

ich habe eben noch einmal nachgezählt, es sind insgesamt sogar vier "wos" im Text. Ich glaube, ich habe einfach zu lange darüber nachgedacht. Ich meinte das erste "wo", also das hier: "Dies ist eine der seltenen Gelegenheiten, wo er mir nicht seine starke rechte Seite zuwendet..."
Ich muss meine Texte dahingehend untersuchen, nicht dass sich da etwas einschleppt.
www.neukölln.org - 26. Dez, 09:46

Es handelt sich hier wohl um das hessische universal Relativpronomen. Beispiel: "Migge, des sin Migge, wo da schdesche tun."
Trithemius - 26. Dez, 09:59

Kennst du das Land, wo die Zitronen blüh'n?
(Goethe; Wilhelm Meisters Lehrjahre)
Teresa HzW - 26. Dez, 13:06

gern möcht` ich noch anfügen,
dass mich die "wo"`s so gar nicht stören, weil die für mich als Süddeutsche normal sind, weil da, wo ich herkomm`sagen viele:
da, wo
der, wo
die, wo
...,wo

Und wo es hierzulande in trauter Runde oder unter Zweien nicht gesagt wird, weiß unsereine[r]: "Oha, ein "Nei`gschmeckter" ;-))
Insofern dacht` ich: vielleicht schlummert in der Ahnenreihe des liebenswürdigen Herrn der leisen Töne ein Ur-Bayer ;-))

Jedenfalls hatte ich bei diesem Text die wunderbare Assoziation
an die Stadt, wo ich sonst das "Kölsch" trinke - daher

und
@Shhhhh wegen mail und da, wo ich mich sehr auf "Morsche" freu`:)
Shhhhh - 26. Dez, 22:20

Das mit dem Urbayer kann ich leider nicht sagen, dass muss dann wenigstens vier Generationen her sein. Und wegen "Morsche" bin ich auch schon ganz aufgeregt.
Trithemius - 25. Dez, 19:37

Vermutlich hat Kollege Kiezneurotiker diesen Satz gemeint: "Dies ist eine der seltenen Gelegenheiten, wo er mir nicht seine starke rechte Seite zuwendet, sondern die Front." Unabhängig von der Frage, ob "wo" hier grammatisch oder stilistisch statthaft ist (Verstöße gegen Sprachnormen sind Vorboten des Sprachwandels, also Ausdruck der Lebendigkeit einer Sprache. Zumal die Sprachnormen immer nur einen Augenblickszustand abbilden.) Als Relativpronomen beim Lokalsatz darf „wo“ derzeit durchaus hinterm Komma stehen, worauf schon Frau iGing hingewiesen hat. Unabhängig von Sprachpurismus, was ist gemeint beim Hinweis auf die Sitzordnungen? Übereck zu sitzen beeinflusst die Kommunikation günstig. Besonders in schwierigen Gesprächssituationen ist das verbindliche Überecksitzen dem frontale Gegenübersitzen vorzuziehen, weil das Front machen gleichsam eine Kampfanordnung ist.
Mir ist nun in Fleisch und Blut übergegangen, beim Überecksitzen dem Gesprächspartner immer die starke rechte Seite zuzuwenden, was bedeutet, dass er mir mit seiner emotionalen linken Seite begegnet. Dieser rhetorische Kniff ist eine Marotte von mir, die natürlich in freundschaftlichen Begegnungen überflüssig ist.

Übrigens besitze ich zwar ein Häkeldeckchen, das mir einst die Bloggerin Samtmut schenkte, auf dem Tisch lag/liegt aber ein grünes Platzdeckchen. Gute Idee übrigens, die Dienstboten leere Bobonpapierchen ablecken zu lassen. Ich koche die Reste aus den Papierchen natürlich vorher aus, damit sie sich nicht an Süßigkeiten überfressen.

(Uff, Twoday nervt heute durch anhaltende Perfomanzprobleme. Ich werde meinen Kommentar nicht los.)

iGing (Gast) - 25. Dez, 19:51

... und ich habe eins übersehen? Uff, also drei Mal, das geht zu weit, Herr LeiseTöne ;-)))
iGing - 26. Dez, 14:30

... sogar vier! Das geht nicht nur zu weit, sondern sogar noch weiter ;-)))

Die Sitzordnung, die Herr Trithemius bevorzugt, werde ich mal austesten. Wenn es einen solchen Unterschied in der Kommunikation macht, wenn man sich anderswo platziert, könnte man das ja mal ganz bewusst (manipulierend?) einsetzen.
Umgekehrt sagt es wohl etwas aus, wo sich jemand einfach ganz spontan hinsetzt. Warum z.B. manche Schüler manche Plätze bevorzugen; blöd, wenn da die intelligente Seite immer nur zum Schrank zeigt und nicht in die Klasse reflektiert wird. Auch kein Wunder, dass sich manch einer immer zu kurz gekommen fühlt, wenn er ständig seine emotionale Seite den anderen zuwendet und die nicht angenommen wird.
Das wäre eine Examensarbeit wert, Herr LeiseTöne ;-)
Trithemius - 26. Dez, 15:17

Ich setze mich bei einer Reise (Zugfahrt zB) auch immer mit der linken Seite zur Landschaft.
Um zu beurteilen, wo ein Schüler sitzt (ich hoffe, das WO geht hier durch), muss man allerdings wissen, ob er Links-oder Rechtshänder ist.
Shhhhh - 26. Dez, 22:19

Hier ist ja alles durcheinander geraten, da kennt sich doch keiner mehr aus mit den Kommentarbäumen hier, wenn alle durcheinander beantworten. Und das zu Weihnachten!
"...wenn da die intelligente Seite immer nur zum Schrank zeigt..." hihi, das würde sich sogleich als Titel eignen.

Ich setze mich mit der rechten Seite zur Landschaft, weil ich lieber vorwärtsfahre;)
Trithemius - 27. Dez, 09:06

Genau

Hier sieht es aus wie bei Hempels unterm Sofa.

Suche

 

Status

Online seit 5238 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 24. Jul, 02:02

Credits


xml version of this page
xml version of this page (summary)
xml version of this page (with comments)

twoday.net AGB

Blogverzeichnis Creative Commons Lizenzvertrag
Shhhhh.

Alles nur Theater
Auf Spatzen geschossen
Auslaufmodell Buch
Den Ball gespielt
Der alltägliche K(r)ampf
Die kleine Form
Gedankeninseln
Geldregierung Arbeitsplatz
Gelegenheitslyrik
HaCK
Herr Fischer
Klassenraum
Links
Mensagespräche
Nichts Spezielles
Ohne Brille
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
development