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Bei den Leisen Tönen. Manchmal braucht es einen Blog, um sich Luft zum Denken zu verschaffen. Keine Steckenpferde, Hobbies oder sonstiges Spezielles, nur Luft zum Denken.

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Er
meinte Fich. ...tennadelsarg. Twodays Beerdigung.
pathologe - 1. Jun, 08:21
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Ich riech' nix. ;-)
Lo - 1. Jun, 07:37
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...und danke für den Fisch.
Shhhhh - 1. Jun, 06:45

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Wort für Wort

Freitag, 12. Oktober 2012

Meinung

Wieder einmal muss ich mit einem alten Vorurteil aufräumen und der deutschen Sprache ein streng gehütetes Geheimnis entreißen. Allerdings muss ich, wie so oft, darauf verzichten, einen Schuldigen zu benennen, denn die Geschichte der Sprachen reicht schon länger zurück als mein etymologisches Wörterbuch überhaupt erfassen kann. Im Zuge der Sortierung des Wissens über die Sprache im Allgemeinen und des Deutschen im Besonderen ist es dann auch nicht weiter verwunderlich, wenn bestimmte Phänomene, obschon ziemlich offensichtlich, einfach „unter den Teppich“ gekehrt werden können. Sieger schreiben ja bekanntlich die Geschichte.

Worum es mir diesmal geht, ist das allseits beliebte Wort Meinung. Die Meinung, die sich dem Duden nach, aus dem Wort meinen entwickelte und auf das ahd. meinan zurückgeht, hat im Gegensatz zu den meisten Vokabeln des Deutschen – und hier sei angemerkt: aus mir völlig unverständlichen Gründen – beiden Lautverschiebungen getrotzt. Natürlich ist das engl. mean mit dem Wort meinen verwandt und auch das kelt. mían ist laut etymologischem Wörterbuch eine der Wurzeln, allerdings wird mit dieser offensichtlichen Herkunftstheorie nur verschleiert, was im Verborgenen bleiben soll: die Verwandtschaft mit dem Possessivpronomen mein. Das Possessivpronomen ist im Deutschen sowieso eins der am strengsten gehüteten Geheimnisse. Nichts ist so schwer zu ermitteln wie die Herkunft von mein. Weder unter dem Begriffsfamilie der Possessiva nebst seinen kompositorischen Partnern noch unter den Personalpronomen wie zum Beispiel unter ich finden sich Hinweise auf seine Herkunft.

Warum ist das so? Ganz einfach: Besitz ist schon immer ein knappes Gut gewesen und seit dem Aufkommen erster gutsaufwertender, gewinnbringender Bestrebungen, ist eine kleine, tonangebende Menge von Leuten – ich vermeide hier bewusst die von Theoretikern des Kapitalismus beanspruchten Vokabeln, weil der Kapitalismus viel älter ist, als seine Definition – nicht nur an dem Verteilen des Besitzes verantwortlich, sondern darüber hinaus auch mächtig genug, das Wissen um seinen Ursprung zu verschleiern. Das mein aus Meinung meint eben nicht meinen Besitz, es meint unseren Anspruch auf Besitz, der sich schlichtweg, über Jahrtausende hinweg, nur in unseren Köpfen abspielte. Wir durften nämlich alles denken, aber längst nicht alles sagen. Heute sind wir, nachdem die Tölpel der Revolutionen seit 1789 kontinuierlich über den Tisch gezogen worden sind, glückliche Besitzer des Rechts der freien Meinung in unseren Gedanken und in der sprachlichen Äußerung, was uns, ehrlich gesagt, nicht viel weiter gebracht hat, als dass jetzt alles durcheinander quasselt und unsere Meinung zwar nicht mehr bestraft werden kann aber weiterhin keine Beachtung findet.

Mit dem Aufkommen der freien Meinungsäußerung wurde das Volk also ein weiteres Mal entmündigt. An gewinnbringendem Besitz weiterhin größtenteils unbeteiligt, wurde die Meinung zuerst entpossessiviert – man beachte zum Beispiel die vielzitierte Redensart unseres Altbundeskanzlers: „Was interessiert mich mein Geschwätz(!) von Gestern?“ – und später auch noch marginalisiert ( Außenminister Radoslaw Sikorski über die Wahl einer Spitze in Europarat und Europakommission in FAZ vom 03.09.2012: „Diese Person sollte gewählt werden - entweder vom Europaparlament oder vom europäischen Publikum(!).“ ). Und um dies auch schriftlich zu zementieren, wurde auf die Darstellung der Verwandtschaft von Meinung, bestehend aus meinen und dem Vorgangssuffix –ung, und dem Possessivpronomen mein gänzlich verzichtet.

Um nun beiden Prozessen, der Entpossessivierung und der Marginalisierung, entgegenzuwirken, ist es notwendig auf sprachlicher Ebene anzufangen und den „status quo“ wiederherzustellen. Mein Vorschlag lautet deshalb, sinnlose, marginalisierende, ja inflationäre Dopplungen wie „meine Meinung“ zu unterbinden, denn es stellt die einerseits immense Wichtigkeit des Gutes Meinung wieder her, und darüber hinaus, um auch der Entpossessivierung ein Schnippchen zu schlagen, die Meinung wieder zuordenbar zu machen, indem das Substantiv Meinung um die Substantive Deinung, Seinung, Ihrung usw. erweitert wird, die gleichbedeutend aber eindeutiger zuzuordnen sind. Ich fange gleich damit an und ende mit den Worten: Das ist Meinung! Ich bitte um Ihrung!

Donnerstag, 13. September 2012

Kennig

Der Berliner, der konsequenterweise statt dem „ich“ ein „ick“ zu sprechen versteht, wird mit dieser grammatikalischen Verkürzung wahrscheinlich die wenigsten Probleme haben und im Gegensatz zum Flughafenproblem endlich einmal vor den Hessen zum Zuge kommen, die ein „-ig“ nicht als „-ich“ auszusprechen in der Lage sind, sondern lieber auf den harten Auslaut der vorrangig ( hier sogleich einmal vorgeführt ) attributiv genutzten Endung ( siehe bei der Adjektivbildung mit Endung „–ig“, z.B. schwierig, lustig usw. ) bestehen. In diesem speziellen Fall handelt es sich nämlich nicht um ein Attribut.

Das „kennig“, von dem ich spreche, ist eine schriftsprachlich umgesetzte Verkürzung des lautsprachlichen „kenne ich“. Wie in Sprachen üblich, deren Wandel von der Silben- zur Wortsprache immer weiter fortschreitet, kommt es im Laufe der Zeit zu einer Abschwächung der letzten Silbe, was vor allem am gesprochenen Vokal zu merken ist. Aus ehemals starken Vokalen, wie zum Beispiel dem „a“ wird im Zuge der Abschwächung ein sogenannter Schwalaut. Das Verb „kennen“ geht ja auf die Familie der Wörter um das Verb „können“ zurück, ist, genauer gesagt, eine Kausativbildung aus dem Verb „können“, das – wie könnte es anders sein – im ahd. „kunnan“ hieß. Man beachte vor allem den „starken Vokal“ in der letzten Silbe.

Eine sinnvolle, im Lautsprachlichen längst umgesetzte Verkürzung stellt dann der Wegfall des Vokals am Ende des Wortes dar, was natürlich nur in der gebeugten Form in Verbindung mit dem Personalpronomen „ich“ möglich ist. Es muss auch darauf hingewiesen werden, dass solche Weglassungen im Schriftsprachlichen nicht ohne Apostroph zu erfolgen haben ( siehe §96 und §97 der derzeit gültigen Rechtschreibregeln ). Diese Verkürzung ist in diesem speziellen Falle auch nur deshalb möglich und nötig, weil sich das „kenne ich“ bzw. auch das „kann ich“ zu einem weit verbreiteten „geflügelten Wort“ entwickelt hat und seitdem auf eine schriftsprachliche Homogenisierung wartet. Das im Satz zuvor hinzugefügte „kann ich“ kommt übrigens bereits ohne Apostroph aus, weil es noch ein wenig „geflügelter“ daherkommt als das „kenn‘ ich“, höchstwahrscheinlich auf ein längst vergessenes Selbstverständnis im urgermanischen Naturell zurückgeht, von dem wir heute nur noch träumen dürfen.

Doch aus welchem Grund nun sollten diese beiden Wörter, also das „kenne“ und das „ich“ zu „kennig“ bzw. „kannig“ verschmelzen? Ganz einfach: Zum einen könnte dies dazu führen, dass das von mir vermutete Selbstverständnis und damit einhergehende Selbstvertrauen des deutschen Landsmannes ( und natürlich auch –frau ) zurückkehrt, und zum anderen ergäbe sich gerade in Zeiten knapper Ressourcen eine sinnvolle Einsparung. Man denke nur einmal an SMS oder Twitter, wo jedes Zeichen kostbar ist. Es wird ja nicht nur bei den Zeichen, sondern sogar in einer Leerstelle gespart, was für Journalisten zwar auf den ersten Blick nicht so schön ist ( Zeilenhonorar ), auf den zweiten jedoch ungeahnte Vorteile mit sich brächte; bei zweimaligem Einsparen der Zeichen und Leerstellen könnte bei der Formulierung „kennig“ statt „kenne ich“ bereits die Abtönpartikel „schon“ angefügt werden, als Bekräftigung sozusagen, und mit dem entsprechenden journalistischen Nachdruck auf die herausragenden Fähigkeiten des deutschen Qualitätsjournalismus verwiesen werden.

Wenn allerdings Punkt 1 meiner Ausführungen, also das wiedergewonnene Selbstverständnis, tatsächlich gesteigert werden kann, weil von „Flügeln getragen“, dann könnte man schon fast wieder von einem Attribut sprechen. Auch dass der Berliner bei der schriftsprachlichen Umsetzung im Vorteil wäre, ist bei näherer Betrachtung keineswegs sicher, denn im attributiven Sinne versteht es die Berliner Kodderschnauze durchaus ein „-ig“ von einem „-ich“ zu unterscheiden. Naja, man kann eben nicht alles haben.

Donnerstag, 9. August 2012

Verschlagwortung

Verschlagwortung, f, Die Verschlagwortung ist eine Komposition aus den Wörtern Verschlag und Wortung. Wie bei Komposita im Allgemeinen üblich, richten sich die grammatischen Eigenschaften nach dem Grundwort (Determinatum), welches im Deutschen üblicherweise als letztes genannt wird. Die Wortung ist demzufolge zum Beispiel für das Geschlecht verantwortlich. Wortung ist die substantivierte Form einer Handlung und bedeutet, einen Gegenstand zu benennen.
Das Bestimmungswort (Determinans) hat attributive Funktion für das Grundwort und schränkt den Bedeutungsinhalt des Grundwortes ein. Der Verschlag ist die nähere, oftmals abfällige Bezeichnung für einen viel zu kleinen Ort. Bei dem Kompositum aus Verschlag und Wortung ergibt sich demzufolge, dass der benannte Gegenstand an einem viel zu kleinen Ort verstaut wird.

Sonntag, 15. Juli 2012

Etymologisches zu Urlaub

Urlaub: Das Substantiv (mhd., ahd. urloup) ist eine Bildung aus dem Präfix ur- und dem Substantiv Laub (mhd. loup, engl. leaf, schwed. löv). Die Grundbedeutung des Präfix ur-, nämlich die präpositionale Zuweisung "aus etwas heraus", zeigt sich im Deutschen heutzutage noch in Wörtern wie Ursache oder Ursprung und weist damit auf den Anfangszustand einer Sache hin. Siehe auch Urwald, Urmensch usw. Das Substantiv Laub geht wahrscheinlich auf eine Erweiterung der idg. Wurzel *leu "abschneiden, abreißen" zurück und bedeutet demnach "etwas abgerissenes, gerupftes". In früheren Zeiten wurde das Laub gerupft, um es in frischem oder getrockneten Zustand zu verfüttern. Wie auch bei der "Uroma" oder dem "Urgroßvater" handelt es sich bei Urlaub um Laub der vierten Generation. Da dies jedoch aufgrund schneller Kompostierung kaum in der Natur vorkommt, findet dieser Begriff heute nur noch selten sprachliche Verwendung.

Freitag, 6. Juli 2012

von barfüßigen Barbaren offenbart

Achja, denke ich und kümmere mich nicht weiter drum. Ich hätte es sogar beinah vergessen, wenn ich mir nicht unnützerweise eine Notiz in mein Büchlein geschrieben hätte. Jetzt sitze ich hier und tippe auf den Tasten wieder irgendwelchen Quatsch zusammen. Sonderbar.

Wunderbar, möchte ich denken, kann es aber nicht, weil ich den „Mythos“ ja längst zerstört habe. Ich entnahm meinem Regal das etymologische Wörterbuch. Ich fand darin zu beidem eine Notiz, die noch kleiner war als die in meinem Büchlein, die mir sagte, dass es sich hierbei um völlig unterschiedliche Wörter handelt, die nur zufällig aus den gleichen Buchstaben bestehen, gleich ausgesprochen werden und auch sonst über wenig unterscheidende Merkmale verfügen.

Barfuß, weil es so warm ist, umklammern meine Zehen die Rollkraken meines Bürostuhls und während eben noch alles voller Wunder und Sonder war, ist jetzt alles nackt und bloßgestellt, sozusagen fehlt etwas. Dafür musste ich lediglich das bar vom Ende an den Anfang holen. Leider geht das nicht immer, eben weil es nicht das gleiche Wort ist. Beide bars haben verschiedene Ursprünge. Während das vordere bar auf offen, freigelegt zurückgeht, ist das hintere bar auf tragfähig zurückzuführen.

Und weshalb mich das gerade ein wenig traurig gestimmt hat? Na, weil es eben barsonders, barwunders ist, jetzt wo ich weiß, wie das ist. Unfassbar.

Dienstag, 12. Juni 2012

Schnabulieren? Aber nicht in der Oper!

Schnabulieren. Davon las ich heute, als ich bei der Hörbar auf einen Kaffee einzog. Auf einer Tafel zur Limmerstraße hin zugewandt stand das Wort einfach so rum und sollte Appetit machen auf die darunter beschriebenen Speisen.

Das ist schon so ein Wort dieses schnabulieren. Eine Kombination von sch und n ist noch relativ häufig, so wie Konsonantencluster im Deutschen sowieso recht häufig zu sein scheinen. Konsonantencluster sind mehr als zwei Konsonanten hintereinander ohne einen Vokal dazwischen. Wenn Konsonantencluster erstmal da sind, gehen sie auch nicht mehr so leicht weg. Das wohl berühmteste Cluster hat der Strumpf. Das Wort Strumpf hat nämlich vorn und hinten ein Konsonantencluster. Vorne wird ein s zum sch, dann kommt ein t und zum Schluss noch ein r bis endlich sonoriert werden kann. Die stille Übereinkunft von s und t, als scht ausgesprochen zu werden, könnte, wenn man es nicht besser wüsste, aus der Oper kommen. Da sitzen zwei Herren in der dritten Reihe und fangen plötzlich eine lebhafte Diskussion über Konsonantencluster an, während sich das übrige Publikum doch lieber dem Geschehen auf der Bühne widmen möchte. Oder noch besser: Eine Frau fängt an, ihre Suppe zu schnabulieren, die sie sich in der Handtasche mitgebracht hat. Dabei macht sie laut schmatzende Geräusche. Dann fliegt ein erbostes scht durch die Stuhlreihen und die beiden Herren oder die Frau vertagen sich – das ist völlig legitim. Die Oper lebt ja praktisch von dieser stillen Vereinbarung.

Schnabulieren ist nicht nur wegen des Konsonantenclusters interessant, sondern auch, weil es in mir ganz bestimmte Assoziationen weckt. Für mich ist schnabulieren die mindestens außergewöhnliche Form der Nahrungsaufnahme, vielleicht mit einem Hauch von Exklusivität für die Speise. So ähnlich steht es auch im etymologischen Wörterbuch. Dass schnabulieren mit schnappen verwandt ist, wusste ich bis dahin nicht. Und außerdem wurden all diese gemeinsamen Wurzelworte ( also schnappen, Schnaps, Schnepfe usw. ) auch nur mit sn geschrieben. Da taucht kein sch auf. Demzufolge scheint das s nicht nur eine stille Vereinbarung mit dem n gehabt zu haben, sondern wurde auch gleich noch zu schn verarbeitet. Es gibt im Deutschen übrigens gar kein Wort mehr, das noch mit sn anfängt, es steht zumindest keins im Duden ( Snob und Snowboard will ich hier nicht hinzuzählen, das sind eindeutig Lehnwörter ). Sn wurde also zu schn.

Man stelle sich einmal vor, st würde zu scht. Wir müssten dann Schtuhl schreiben oder Schtadtschparkasse. Oder lieber doch nicht, das ginge zu weit.

Montag, 16. April 2012

Fisten

Fast ohne Hintergedanken wollte ich mit diesem Blogbeitrag meine Rubrik „Wort für Wort“ um eine echte Lemmalücke bereichern. Natürlich kann man mir mit der Überschrift das Ausnutzen fremder Sensationslust unterstellen. Genau so ist es. Ich möchte möglichst viele Leser davon überzeugen, sich über das Dilemma des Lemmas Gedanken zu machen und der Verrohung des Agens und seiner Strahlkraft auf die Sprache Einhalt zu gebieten.

Ich kam bei meiner Thailandreise in den Genuss eines äußerst bösartigen Darmvirus, der zu meinem Verdruss an meinen Pfunden fraß. Ich verlor innerhalb einer Woche 7 Kilogramm Gewicht. Bei meiner Körpergröße und meinem vorher schon geringen Gewicht ist das kein haltbarer Zustand, auf Dauer. Ich kam also in die Verlegenheit nicht fasten zu müssen, wie das zu Ostern üblich ist, sondern musste stattdessen mit gezielt kontrollierter Gewichtszunahme meinen Status Quo eressen.

Nun könnte man ja einwenden, dass ich mich statt des Fastens der Völlerei hingeben müsse aber in Anbetracht der Gottesergebenheit, der hierzulande gerade um Ostern herum mit Inbrunst gehuldigt wird (um nur ein Beispiel zu nennen: Tanzverbot am Karfreitag ) und der generell negativen Schwingung des Wortes Völlerei (eine der sieben Todsünden!) ist hier das letzte Wort noch nicht gesprochen. Welch offensichtlich kranker Mensch möchte denn auch noch der Völlerei bezichtigt werden, weil er durch Krankheit sein Gewicht verlor? Auch stand mir der Weg der Ververblichung ( nicht zu verwechseln mit dem Verwerflichen ) nicht mehr frei, da der Duden bereits ein völlern kennt, welches unserem weißhaarigen ehemals blonden Pudelstürmer vorbehalten ist.

Außerdem könnte man ja einwenden, dass Fisten – denn darum geht es meinem Wunsche nach bei der gezielt kontrollierten Gewichtszunahme – auch schon belegt sei und es gar keinen Grund gibt, den Bedeutungsgehalt eines Lehnwortes unnötig aufzublasen. Dem ist aber gar nicht so. Mein Fisten ist kein Lehnwort!

Ähnlich wie bei der Feststellung, dass es im Deutschen kein Wort dafür gibt, auszudrücken, man hätte sich sattgetrunken, bin ich mit meiner Wortkreation verfahren. Satt steht für nicht mehr hungrig und sitt für nicht mehr durstig. Fasten für Diät und Fisten für willentliche Gewichtszunahme.

Als Kleingärtner im Schrebergarten der Sprachpflege (so oder so ähnlich sprach ein gewisser Trithemius einmal über sich selbst und ich muss gestehen, dass ich mich ihm dabei sehr verbunden fühle) besitze ich allein nicht genug Entscheidungsgewalt. Ich kann doch nicht einfach so daher kommen und einem simplen Ablaut ( aus a wird i ) zu Ruhm und Ehre verhelfen, indem ich ihn zu mehr erhebe. Da haben Sie Recht. Das kann ich nicht allein, deshalb brauche ich Sie liebe Leser, um mir bei meinem selbstlosen Vorhaben zu helfen. Ich möchte unsere Sprache reinwaschen von diesem anglisierten Fetischdeutsch einer exhibitionistischen Industrie, möchte diesem übermächtigen Feind meine Faust entgegenstrecken, ich möchte dem Fisten endlich gerecht werden.

Montag, 2. April 2012

Weckepacke vs. Weggepacke

Mein hoch geschätzter Blogkollege sinniert gerade über das Zusammentreffen von Wörtern und Buchstaben. Ein schönes Beispiel, dies auf den Gipfel zu treiben kam mir neulich unter: Meine Schwiegereltern waren zu Besuch und mein Sohn stieß natürlich auf ungeteilte Aufmerksamkeit, entweder durch 5 Augenpaare ( meine Schwiegereltern, meine Frau und ihr Bruder und ich ) oder aber durch einen Fotoapparat. Diese Kamera kam ebenfalls in den Genuß unserer Aufmerksamkeit, weil sie sich in entscheidenden Momenten immer an einem Platz aufhielt, der es unmöglich machte, sie zu benutzen.

Ich habe das nie beobachtet und meiner Meinung nach hat sich mein Schwiegervater auch nie vom Sofa erhoben, um die Kamera an ihren Platz in seiner Jackentasche zu verstauen, doch immer wenn irgendjemand nach der Kamera suchte und dann danach fragte, antwortete er: "Die habe ich wieder weggepackt."
Weggepackt. Seine Frau sagte dann irgendwann völlig entnervt: "Immer dieses Weckepacke!" Das hatte ich mir sofort notiert, weil mir die lautsprachlich ins Schriftliche übertragene Variante so gut gefiel.

Nun kann man bei wegpacken bzw. weggepackt ja nicht einfach einen Konsonanten weglassen wie bei dem dreigleichkonsonantigen "Schifffahrt" aber als ich heute morgen den Eintrag bei Trithemius las, fiel mir sogleich ein, wie die Lautleser des Mittelalters über das Wort Weggepacke gestolpert wären, sie hätten sich vielleicht wie ein mannemerisch radebrechender Haufen an dem Doppel-g versucht, bis sie sich kurz darauf berichtigt hätten.

Mittwoch, 18. Januar 2012

Präpositionalkomposition und Kalauer

Wir haben gestern in einem Seminar hin und her überlegt, was es mit den Präpositionen auf sich hat. Wir hatten Fachleute am Start, haben uns in die Materie eingearbeitet und sind zu keinen neuen Ergebnissen gekommen, dafür aber zu neuen Fragen und komischen Sätzen.

Die interessanteste Frage, der ich selbst mit dem Wortregister der Eisenberggrammatik nicht beikommen konnte, ist die seltsame Fügung der Präposition "bis". Ganz klar verlangt sie den Akkusativ bei nachstehenden Substantiven und verhält sich auch sonst nicht komisch. Bis zu dem Punkt - ich schrieb es eben auf - wir eine zweite Präposition anhängen. Plötzlich ist der Akkusativ Makulatur und der Dativ, den das umtriebige "zu" verlangt, ist der Fall der Fälle.

Nun verhält es sich mit dem "zu" so, dass dieses kleine morphologische Wunder längst nicht nur als Präposition ihr Dasein fristet, sondern auch noch andere Funktionen übernimmt - ich schrieb schon darüber. Es kann zum Beispiel abtönen, indem ich sage: Zum Lateinkurs komme ich höchstwahrscheinlich zu spät, weil ich mich hier verquasselt habe. Oder in Infinitvkontruktionen gebraucht werden: Ohne mir darüber Sorgen zu machen, schreibe ich einfach weiter, weil der Dozent auch immer zu spät kommt.

Der von der Präposition "zu" verlangte Dativ scheint im Falle der Präpositionalkomposition einen höheren Stellenwert einzunehmen, ähnlich wie bei den Komposita, wo der zweite Wortbestandteil den ersten regiert und aus einem Pferd ( das ) eine Pferdekutsche ( die ) macht. Durch aus hat vielleicht einmal ein ähnliches Schicksal erlitten und sieht seine Einzelbedeutungen in Komposition mittlerweile zum Partikel geschrumpft. Wir schreiben durchaus sogar zusammen. Wir schreiben ständig Sachen zusammen, als wären die Wortzwischenstände, die irgendwann eingeführt worden sind, damit eine bessere Lesefähigkeit erreicht wird, gar nicht notwendig. Die Entwicklung der Sprache reicht anscheinend von bis zu und wieder zurück. "Bis" würde ich in Kombination mit "zu" übrigens auch als Partikel behandeln, es tönt das "zu" ja auch irgendwie ab.

Und bevor ich den geneigten Leser jetzt vollends abtörne, möchte ich noch kurz den tollen Satz präsentieren, der uns gestern vorgestellt wurde - ein hundsgemeiner Kalauer, dem ich glücklicherweise entronnen bin, da ich zu einem Zeitpunkt zu studieren anfing, als sich meine Eltern längst nicht mehr für mich verantwortlich fühlen mussten, ich habe mich da eher auf den Staat verlassen;) :

Der Stundent hängt vom Geld seiner Eltern ab.

Freitag, 13. Januar 2012

Der 5. Fall

Bei diesem Fall handelt es sich um eine höchst merkwürdige Konstruktion, da er - nicht wie seine 4 Vorgänger - ausschließlich für den Kasus zuständig ist. Wenn dieser Fall eintritt, nimmt er Einfluss auf den gesamten weiteren Satzverlauf und häufig sogar darüberhinaus. Nach seinem Eintritt ist für den normalen Beobachter kaum ein Unterschied festzustellen, für den Involvierten jedoch ändert sich schlagartig alles. Nicht nur dass es häufig zu riskanten Wendungen kommt, verursacht durch das Subjekt, auch die Objekte verhalten sich völlig anders als sonst. Sind sie ebenfalls betroffen, ist alles unauffällig; sind sie nur indirekt davon betroffen, indem das Subjekt auf sie einzuwirken versucht, können - ich entschuldige mich an dieser Stelle für die drastische Ausdrucksweise - Mord und Totschlag die Folge sein.

Doch nun zum Verb: vorzugsweise wird dieser Kasus - ich bleibe trotzdem bei dieser Bezeichnung, auch wenn der Fall aufgrund seiner umfassenden Wirkung auf die deutsche Sprache eher eine Kombination, aus Deklination, Konjugation und Komparation darstellt - von reflexiven Verben gefordert und kann sowohl Objekt, als auch Subjekt oder beide betreffen. Es ist auch schon vorgekommen, dass Objekte, die scheinbar nicht davon betroffen waren, plötzlich ebenfalls aus dem Satzgefüge brachen und sich diesem Fall anschlossen. Bei Partizip II Konstruktionen ist das schon häufiger vorgekommen.
Dass bei diesen Verben die Einnahme vorrangige Bedeutung hat, fällt ebenfalls auf. Eine Einleitung dieses Kasus erfolgt häufig - wenn nicht sogar immer - durch ein Einnahmeverb der reflexiven Art. Nur manchmal, wie eben im Fall der Objekte, die scheinbar nichts damit zu tun haben, wird dieser Marker, also das Reflexiveinnahmeverb, weggelassen. Es ist deshalb trotzdem nicht schwer den Kasus zu ermitteln, er hat einfach ein zu prägnantes Äußeres.

Sicherlich wird der geneigte Leser längst wissen, um welchen Fall es sich handelt. Eine Beobachtung auf nachstehende andere Wortarten steht im Übrigen noch aus, wird allerdings an gegebener Stelle ergänzt. Eine bereits von mir gebildete Hypothese zu den Adjektiven lautet folgendermaßen: Adjektive verhalten sich zum 5. Fall wie der Positiv zum Exzessiv. Und natürlich, meine Damen und Herren, es handelt sich bei unserem Fall um den Sedativ.

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