Von Leberwurst und Pilzen
Heute fragte mich eine Freundin, wann wir denn diesen Herbst einmal in die Pilze gingen. Für mich war da noch Zeit, vor allem etwas mehr Regen nötig, um die gewünschten Ergebnisse zu zeitigen. Sie jedoch berichtete von einer Freundin, die offensichtlich bereits im Juli Pilze sammeln war und auch ordentlich gefunden hatte. Nur essen kann sie die nicht. Pfifferlinge aus dem Supermarkt, ok. Champignons, kein Problem. Aber selbst gesammelte Waldpilze kommen ihr nicht auf den Teller. Und das liegt nicht daran, dass sie sich selbst nicht über den Weg traue, sondern, weil, naja, nee, das ist einfach eklig.
Mein Onkel war ja – oder ist, ich habe ihn schon lange nicht mehr gesprochen – leidenschaftlicher Angler. Nur Fisch essen, das wollte er nicht. Es ging, glaube ich, sogar so weit, dass er auch keinen gekauften Fisch aß. Er verschenkte den Fang oder setzte sie wieder in den Teich. Ich war nämlich auch einmal mit ihm angeln, da war ich noch keine 12 Jahre alt. Den Abend davor, spielte ich bis spät in die Nacht mit meiner Tante Monopoly und am nächsten Morgen konnte ich kaum aus den Augen gucken. Ich habe mir Fischköder als Erdbeerdrops andrehen lassen und die beiden „alten Herren“, mein Onkel und sein Kumpel, haben sich kaputt gelacht, wie ich angewidert das Gesicht verzog.
Heute hätte ich vielleicht ebenfalls ein Problem damit, ein von mir geschlachtetes Schwein zu essen. Früher fehlte mir die Abstraktion. Ich stand ruhig daneben, wie mein Vater ein Kaninchen an den Hinterläufen packte und solange schüttelte, bis es tot war. Blut tropfte auf den Estrich vor dem gartenseitigen Garagentor, wo die Kaninchenställe standen. Ich war hocherfreut, vom Nachbarn, einem entfernten Verwandten, eine Hasenpfote – eine echte! – geschenkt bekommen zu haben. Leider musste ich sie dann später entsorgen, weil sie komisch roch. Und Karnickel habe ich immer gern gegessen.
Allerdings konnte ich ab einem bestimmten Alter, ich glaube, es war so ungefähr zur gleichen Zeit, keine Leberwurst mehr essen. Ich bekam das Zeug einfach nicht hinunter. Diese grobe Masse mit ihren weißgrauen Flocken darin. Die ekelhafte Pelle, durch die das Messer schien, wenn es die Innenseite freikratzte. Ich hatte den Geschmack für Jahrzehnte in meinem Kopf gespeichert und musste mich dessen nur erinnern und dann konnte ich die Leberwurst schon schmecken. Ein Graus. Später das gleiche mit Rotwurst, dann Teewurst, dann nur noch Marmelade oder Butter und Salz. Im Gegensatz zum toten Kaninchen fehlte mir hier ein echter Bezug zum Tier. Diese reziproke Entwicklung hat sich in beidem wieder abgeschwächt. Ich esse Mortadella und Salami, Würstchen und andere Wurstprodukte, deren ehemaliges Leben ich nicht erkennen kann genauso wie ich Kaninchen oder Fisch esse. Ich gehe selber gern Pilze sammeln und esse sie dann auch gern. Ich habe mir sowohl Distanz als auch Nähe zum Lebensmittel bewahrt. Irgendwie seltsam.
Mein Onkel war ja – oder ist, ich habe ihn schon lange nicht mehr gesprochen – leidenschaftlicher Angler. Nur Fisch essen, das wollte er nicht. Es ging, glaube ich, sogar so weit, dass er auch keinen gekauften Fisch aß. Er verschenkte den Fang oder setzte sie wieder in den Teich. Ich war nämlich auch einmal mit ihm angeln, da war ich noch keine 12 Jahre alt. Den Abend davor, spielte ich bis spät in die Nacht mit meiner Tante Monopoly und am nächsten Morgen konnte ich kaum aus den Augen gucken. Ich habe mir Fischköder als Erdbeerdrops andrehen lassen und die beiden „alten Herren“, mein Onkel und sein Kumpel, haben sich kaputt gelacht, wie ich angewidert das Gesicht verzog.
Heute hätte ich vielleicht ebenfalls ein Problem damit, ein von mir geschlachtetes Schwein zu essen. Früher fehlte mir die Abstraktion. Ich stand ruhig daneben, wie mein Vater ein Kaninchen an den Hinterläufen packte und solange schüttelte, bis es tot war. Blut tropfte auf den Estrich vor dem gartenseitigen Garagentor, wo die Kaninchenställe standen. Ich war hocherfreut, vom Nachbarn, einem entfernten Verwandten, eine Hasenpfote – eine echte! – geschenkt bekommen zu haben. Leider musste ich sie dann später entsorgen, weil sie komisch roch. Und Karnickel habe ich immer gern gegessen.
Allerdings konnte ich ab einem bestimmten Alter, ich glaube, es war so ungefähr zur gleichen Zeit, keine Leberwurst mehr essen. Ich bekam das Zeug einfach nicht hinunter. Diese grobe Masse mit ihren weißgrauen Flocken darin. Die ekelhafte Pelle, durch die das Messer schien, wenn es die Innenseite freikratzte. Ich hatte den Geschmack für Jahrzehnte in meinem Kopf gespeichert und musste mich dessen nur erinnern und dann konnte ich die Leberwurst schon schmecken. Ein Graus. Später das gleiche mit Rotwurst, dann Teewurst, dann nur noch Marmelade oder Butter und Salz. Im Gegensatz zum toten Kaninchen fehlte mir hier ein echter Bezug zum Tier. Diese reziproke Entwicklung hat sich in beidem wieder abgeschwächt. Ich esse Mortadella und Salami, Würstchen und andere Wurstprodukte, deren ehemaliges Leben ich nicht erkennen kann genauso wie ich Kaninchen oder Fisch esse. Ich gehe selber gern Pilze sammeln und esse sie dann auch gern. Ich habe mir sowohl Distanz als auch Nähe zum Lebensmittel bewahrt. Irgendwie seltsam.
Shhhhh - 7. Sep, 11:58
waldpilze und leberwurst, besonders die grobe, gehören zu meinen favoriten. trotz des witzes, den man sich hier im berlinischen erzählt ...
metzgerlehrling spricht zum chef:" meesta, wenn dit rauskommt wat da rin kommt, denn komm´sie rin und so schnell nich wieda raus ..."