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Bei den Leisen Tönen. Manchmal braucht es einen Blog, um sich Luft zum Denken zu verschaffen. Keine Steckenpferde, Hobbies oder sonstiges Spezielles, nur Luft zum Denken.

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Astrid Lindgren: Kalle...
Astrid Lindgren: Kalle Blomquist lebt gefährlich, Verlag...
Shhhhh - 28. Mai, 20:30
Fich
mit Michgemüse.
Lo - 2. Jun, 00:20
Er
meinte Fich. ...tennadelsarg. Twodays Beerdigung.
pathologe - 1. Jun, 08:21
Fisch?
Ich riech' nix. ;-)
Lo - 1. Jun, 07:37
Tschüß
...und danke für den Fisch.
Shhhhh - 1. Jun, 06:45

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LNDN NRD = Linden Nord

Ich besitze ein schwarzes Notizbuch, das leider nicht meiner eigentlichen Norm von schwarzen Notizbüchern entspricht, die ich irgendwann einmal zu schätzen gelernt habe. Statt eines weichen Lederumschlages ist es in einen gestärkten Lederumschlag eingebunden. Es ist kaum biegsam. Es war Sommer, wenig Taschen, weil wenig Klamotten. Wenig Platz für gesteifte Umschläge. Seit ein paar Wochen schon ändert sich das Ganze, weil die Temperaturen nachlassen und ich gezwungen bin, wieder eine Jacke oder wenigstens ein Hemd zu tragen. Ich führe deshalb mein Notizbuch wieder mit mir. Am Mann, nicht in einem Rucksack oder nur gedanklich. In wenigen Fällen kann ich mich dazu aufraffen, die wenigen überhaupt notierenswerten Dinge aufzuschreiben. In vielen Fällen bleiben sie als Gedanke in meinem Kopf oder verschwinden wieder.

Heute Abend, bei einem letzten Gang, um den Kopf frei zu bekommen, verhaftete ein Gedanke in meinem Kopf, nämlich vergessen zu haben, was meine allerletzte Notiz gewesen war. Ich konnte mich nicht daran erinnern. Ich schaute in mein Notizbuch und plötzlich hatte ich die gesamte Situation wieder vor mir. Es war Samstag und ich ging über das Limmerstraßenfest, genauer gesagt, ging ich über die Limmer, auf der das alljährliche Fest „zu Ehren“ der Limmerstraße gefeiert wurde. Himmel und Menschen gingen bei leichtem Nieselregen auf der Straße entlang, keine Straßenbahn störte die Ströme der Fußgänger. Überall waren Buden, Zelte und Stände aufgebaut, die Informationen an den Mann bringen wollten.

Zuerst ein Stand, bei dem nicht ersichtlich war, ob man die gebrauchten Brettspiele und Bücher kaufen konnte oder ob sie in der Tombola als Gewinne ausgeschrieben waren, die mit Hilfe eines Glückrades verlost werden sollten. Es drehte gerade niemand am Rad. Dahinter in einer kleinen Seitengasse kam eine Bühne, auf der auf dem Hinweg noch Schlager und auf dem Rückweg dann Karaoke gesungen wurde – vielleicht war es auch die ganze Zeit Karaoke. Die Bühne stand auf Höhe eines Dönerladens vis à vis zu den Waschweibern, einer Kneipe mit riesigen Waschmaschinen, wo unsere Nachbarn vor zwei Wochen frühstücken waren, wie sie mir neulich erzählten, als ich sie nach ihrem Urlaub zufällig im Hausflur traf. Dann folgte der Stand der mir höchst unsympathischen Trödlerin, die ebenfalls gebrauchte Bücher im Gepäck hatte. Sie steht auch öfter vor der Hauptmensa und breitet dort ihre Tische aus. Die Bücher sind zu teuer, schlecht sortiert und die Frau ist, gelinde gesagt, unfreundlich, sollte man sich nicht sofort entscheiden, vielleicht sogar die Frechheit besitzen, eines der Bücher anzufassen und darin zu blättern. Die Preise sind handschriftlich auf klitzekleinen Zetteln, die auf dem Buchrücken angebracht sind, notiert. Wenn ein Buch keinen Preis hat, dann liegt das daran, dass er zuvor abgefallen ist, weil sich jemand oder man selbst erdreistet hat, nach dem Buch zu greifen und den Preis dabei „versehentlich“ abgestreift hat. Ich kaufe dort keine Bücher mehr, habe aber ein Auge auf diese Person, die immer in Leggins, entweder zu Fuß oder auf dem Fahrrad unterwegs ist, wenn sie nicht gerade auf einem Klappstuhl hinter oder neben ihrem Verkaufsstand sitzt und raucht. Auf dem Flohmarkt an der Faust ist sie auch jedes Mal dabei. Sie kommt immer so früh, dass sie den einzigen wirklich überdachten Platz erhält, der dort ist, eine Toreinfahrt, die sie, wenn man von außen hereinkommt auf den Hof, rechtsseitig mindestens zur Hälfte allein mit ihren Tischen verbraucht.

Auf Höhe ihres Standes befand sich auf der gegenüberliegenden Seite ein Stand von den Piraten, der Partei, wo man sich aus einem Luftballon ein Schwert basteln lassen konnte. Dort traf ich dann auch den besagten Mann, der zu meiner Notiz führt. Zu meiner allerletzten Notiz in meinem Notizbuch, das ich zufällig bei mir trug. Ich schrieb: LNDN NRD = Linden Nord = London Nerd. Der Typ, der das T-Shirt mit dem Aufdruck „LNDN NRD“ trug, ist mir überhaupt nicht mehr präsent, selbst nach langem Überlegen, komme ich weder auf sein Gesicht, noch könnte ich sagen, welcher Nationalität, welcher Art Menschenschlag, ob er lange oder kurze Haare hatte, Bart trug oder keinen, eine lange oder kurze Hose, ob er in Begleitung oder allein war. Er war männlich, kleiner als ich und lief vor mir her, schräg rechts. Er hatte sich oft genug umgesehen, so dass ich sein Gesicht mindestens im Profil sehen konnte, die Straße war zwar voll, aber längst nicht so von Menschen besetzt, dass mir nicht aufgefallen sein konnte, was er sonst noch so trug. All diese mir fehlenden Informationen sind die Vokale auf dem T-Shirt. Deshalb trug er wahrscheinlich eine kurze Hose und Turnschuhe, hatte mittellange Haare, die unter einem Base Cap hervorlugten. Er oder wenigstens seine Eltern haben einen Migrationshintergrund und sie waren zu zweit und tranken jeder ein Bier aus der Flasche.
Trithemius - 8. Sep, 18:17

Es gibt doch Handytaschen für den Gürtel, sogar für den Arm, dann sollte sich auch eine Möglichkeit für Moleskine-Büchlein finden. Gestern saß ich an einer Wiese im Georgengarten, hab etwas gelesen und anschließend in mein schwarzes Büchlein geschrieben, denn ich nehme es im Rucksack mit. Kommen zwei Frauen über den Weg. Eine schiebt ein Fahrrad, guckt neugierig und fragt: "Kreuzworträtsel?" "Nein."
"Tagebuch?" "So ähnlich." "Wird das dann irgendwann veröffentlicht?"
Ja, schon passiert.

Shhhhh - 9. Sep, 08:33

Ich weiß auch nicht. Es ist wahrscheinlich die schlichte Antipathie gegen diese eine Büchlein mit den gestärkten Buchdeckeln. Ich hatte zuvor noch nie ein Notizbuch, das ich nicht bereitwillig überall hingeschleppt habe.

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Zuletzt aktualisiert: 24. Jul, 02:02

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