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Bei den Leisen Tönen. Manchmal braucht es einen Blog, um sich Luft zum Denken zu verschaffen. Keine Steckenpferde, Hobbies oder sonstiges Spezielles, nur Luft zum Denken.

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Astrid Lindgren: Kalle...
Astrid Lindgren: Kalle Blomquist lebt gefährlich, Verlag...
Shhhhh - 28. Mai, 20:30
Fich
mit Michgemüse.
Lo - 2. Jun, 00:20
Er
meinte Fich. ...tennadelsarg. Twodays Beerdigung.
pathologe - 1. Jun, 08:21
Fisch?
Ich riech' nix. ;-)
Lo - 1. Jun, 07:37
Tschüß
...und danke für den Fisch.
Shhhhh - 1. Jun, 06:45

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Mittwoch, 27. April 2016

Thesenpapier

Habe nun, ach! Philosophie,
Deutsch und Geschichte
durchaus studiert mit heißem Bemühn.
Nur so ein Thesenpapier,
das kriege ich nicht hin.


Naja, nicht hinkriegen ist nicht ganz richtig, denn ich habe es hinbekommen. Aber tatsächlich habe ich in meiner ganzen Zeit als Student nicht ein Thesenpapier angefertigt. Jedenfalls kann ich mich an keines erinnern. Ist ja auch eigentlich nicht so wichtig. Vermutlich habe ich in Vorbereitung auf Referate dutzende Thesenpapiere geschrieben und nur nicht gewusst, wie ich das Ding zu benennen habe. Thesenpapier also. Kann ich nun abhaken. Kenne ich, schon mal gemacht.

Samstag, 23. April 2016

Kugelschreiber



Woher sie kommen, weiß ich ganz genau. Jeden Dienstag fahre ich gegen kurz vor neun in die Kneipe, in der ich arbeite und hole mir dort neben dem Auto, den Tragekisten und einem extragroßen doppelten Latte macchiato mit Pfefferminzsirup auch die Liste ab, die ich kurz darauf in der Metro abhaken werde. Zum Abhaken braucht man einen Stift, frau auch.

Ich komme fast nie auf die Idee, nein, ich bin noch nie auf die Idee gekommen, einen der Kugelschreiber aus meinem Rucksack herauszunehmen, um die Liste abzuhaken. Ich habe den Rucksack zwar fast immer dabei, aber wenn ich erst einmal im Laden bin, nehme ich mir einen Stift aus dem Glas neben der Registrierkasse. Der Rucksack bleibt im Auto.

Ich muss noch im Laden die ersten Veränderungen an der Einkaufsliste vornehmen. Einerseits fehlen die Waren auf der Liste, die das Barpersonal benötigt, denn diese Sachen schreibe ich selbstständig auf. Andererseits gibt es häufig eine Reihe von weiteren Zetteln an einer Magnetwand, die auf meine Liste übertragen werden müssen. Das funzt meistens reibungslos, selten fehlt etwas, selten werden Dinge verlangt, die ich nicht besorgen kann. Mein Lieblingskoch hat das alles sehr gut im Griff. Im zweiten Laden läuft das leider nicht so gut, auch diese Liste liegt im Geschäft 1 für mich bereit (das klappt immer). Manchmal bekomme ich nur eine kleine Liste und eine Woche später dafür einen Zettel mit Warenanforderungen, die ein mittelgroßer Lastwagen zu transportieren hätte. Ich kann damit umgehen, auch wenn es manchmal nervt.

Nerven tut es auch, wenn ich Dinge kaufen soll, die ich eindeutig letzte Woche erst mitgebracht hatte, und diese dann, nachdem ich sie erneut gekauft habe, beim Einräumen im Regal finde – noch verschlossen, nicht einmal angebrochen. Und eine Sache hasse ich, wenn die Rückseiten der Zettel beschrieben werden. Dann steht man in der Frischeabteilung und muss zurück zu den Büroartikeln, weil auf der Rückseite steht, dass noch Kopierpapier gebraucht wird. Deshalb schreibe ich die Rückseitenartikel, noch bevor ich in die Metro fahre, auf die Vorderseite. Und dafür brauche ich einen Kugelschreiber, jede Woche einen.

Ungefähr alle Vierteljahr räume ich die Kugelschreiber aus meinem Rucksack und gebe sie geschlossen im Laden ab. Das sind dann immer so um die zehn bis fünfzehn Stück. Das passiert aber nicht, weil ich mich an die ganzen Kugelschreiber in meinem Rucksack erinnere, nein, das passiert, weil jemand „Kugelschreiber“ mit Ausrufezeichen! auf die Liste geschrieben hat.

Donnerstag, 21. April 2016

Die Handschuhe



Dieses Paar Handschuhe aus meinem Rucksack bereitet mir nun, seit ich es gefunden habe, ein wenig Kopfzerbrechen. Dazu muss ich ein wenig ausholen: Als wir letzten Herbst ein Paar Handschuhe, einen Schal und eine Mütze für unseren ältesten Sohn benötigten und sich auf einem Flohmarkt für Kinderbekleidung die Möglichkeit ergab, ein komplettes Set, bestehend aus eben diesen drei Dingen, zu erwerben, hat meine Frau sogleich zugeschlagen. Dass es sich dabei auch noch um sogenannte Merchandising-Artikel eines bekannten Comics handelte, kam uns gerade recht. Das erleichterte die Anziehprozedur erheblich, zumal unser Sohn die Comicfigur vom Hörensagen her kannte. Schal, Mütze und Handschuhe gehören in der Regel nicht zu den begehrtesten Kleidungsstücken unter kleinen Kindern.

So ging dann der Herbst dahin und der Winter kam, jedenfalls auf dem Kalender, am Wetter änderte sich bekanntlich nicht so viel. Dennoch waren die Handschuhe immer dabei. Wenn sie nicht angezogen wurden, bewohnten sie die Jackentaschen und standen bei Bedarf zur Verfügung.

Nun ergab es sich, dass ein guter Freund unseres Sohnes das gleiche Set, bestehend aus Mütze, Schal und Handschuhen, von seinem Vater bekam. Beide gehen in denselben Kindergarten, sind gleichalt und verbringen nicht nur in der Einrichtung Zeit miteinander. Dann erzählte unser Sohn, dass das Paar Handschuhe seines Freundes verschwunden sei. Meine Frau beschloss, um eventuellem Ärger vorzubeugen, in unser Paar Handschuhe den Namen unseres Kindes hinein zu schreiben. Ein wenig sauer war sie auch, weil unser Sohn mit den Handschuhen offenbar nicht sehr pfleglich umgegangen war.

Und tatsächlich. Eines Tages kam die Frage auf, wessen Paar Handschuhe dies denn nun sei, und der andere Junge bekam die Handschuhe von unserem Sohn überreicht. Ein paar Tage später jedoch lagen sie wieder bei uns. Der Vater des Jungen hatte den Namen darin entdeckt, entschuldigte sich und gab uns die Handschuhe zurück. Tja, und jetzt haben wir zwei Paar Handschuhe, von dem das schönere Exemplar tatsächlich uns gehört, während das etwas zerschlissene nun in seinem Inneren den Namen unseres Sohnes trägt.

Nur falls Sie sich fragen, woher diese Handschuhe gekommen sind, dann gehen Sie bitte hierhin zurück.

Dienstag, 19. April 2016

Inventur im Rucksack

Ich weiß nicht mehr, von wem mir Trithemius da erzählte, aber er hat es mir erzählt, das weiß ich. Da ging es um einen russischen Künstler (Futurismus?), der den Inhalt von Hosentaschen aufzählte, von Kindern, die er traf. Nun. Ich habe einen Rucksack. Keinen besonders großen Rucksack, aber mit besonders vielen Fächern. Ein ganz kleines ganz vor. Dahinter ein etwas größeres und dahinter ein in etwa so großes Fach, dass ein Laptop hineinpasst. Zu guter Letzt kommt ein ziemlich großes Fach, in das, wenn es sein müsste, sogar einer dieser dicken Ordner Platz hätte.

Ganz vorn befinden sich ein altes Bahnticket, Blättchen, ein altes Bonbonpapier, ein Kugelschreiber und noch ein Kugelschreiber ohne Mine. Außerdem fand ich dem Fach ein Paar Handschuhe, die ich schon seit geraumer Zeit gesucht habe. Das wäre eine wirklich lange Geschichte, die ich vorerst verschieben muss.

In dem Fach dahinter befindet sich eine halbe Packung Taschentücher, eine zu einem Drittel gefüllte Packung Feindrehfilter und drei Kulis, die alle heil sind. Auch dazu könnte ich etwas schreiben, zu den Kugelschreibern, mache ich aber vorerst nicht.

In dem Fach, wo ein kleiner (kleines?) Laptop hineinpassen würde, befindet sich außer einem Zettel mit Krakeleien meines ältesten Sohnes nichts.

Das größte Fach hat es in sich. Darin fand ich soeben einen Stapel alter Kopien aus Seminartagen. Außredem enthielt er zwei Tüten mit Schrauben, zu je 0,004 kg, einmal 4,0x50 VZ und einmal 5,0x70 VZ, was auch immer VZ bedeuten mag (vielleicht verzinkt?). Taschentücher, ein gelber Marker, ein gelbes Gummi, ein obligatorischer Kugelschreiber, leider defekt, einen Zettel mit Prüfungsterminen und einen Zettel mit Themen für diese Prüfung, dessen Termin und Themen mittlerweile abgesprochen sind. Ich fand auch ein paar Zettel, die ich an Hauseingängen in der Gegend abgerissen habe. Dazu wollte ich schon längst etwas geschrieben haben (oder habe ich das schon?), muss nun leider auch warten.

Ich trage diesen Rucksack fast täglich mit mir herum. Der ganze Mist, denn brauchen tue ich davon wirklich nur sehr wenig, liegt darin herum. Das, was ich eigentlich herausnehmen wollte, was sich natürlich auch darin befand und von mir noch nicht erwähnt wurde, ist ein Buch. Das Buch von Jenny Erpenbeck „Gehen, Ging, Gegangen“. Ein wirklich feiner Roman. Klug konstruiert mit einer sympathischen Hauptfigur und einem nicht nur aktuellen, sondern auch sehr nahegehenden Thema. Lesend.

Samstag, 16. April 2016

Initiativbewerbung

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit großem Interesse verfolge ich nun schon seit geraumer Zeit Ihre Aktivitäten in meinem Spammailordner. Ihr Geschäftsmodell besticht durch Kreativität, Innovation und Ausdauer, Eigenschaften, die ich bei meinen vielfältig ausgeübten Tätigkeiten schon oft unter Beweis gestellt habe.

Ich bin nicht ortsgebunden und arbeite gern bei freier Zeiteinteilung. Terminvorgaben sind mir deshalb aber nicht fremd. Meine Arbeitsweise ist gekennzeichnet durch Schnelligkeit und Präzision.

Um Ihre Geschäfte insbesondere im deutschsprachigen Raum sinnvoll zu unterstützen, biete ich Ihnen hiermit meine umfangreichen Erfahrungen im Bereich des Lektorats an. Beigefügt habe ich meiner Bewerbung eine Expertise Ihrer jüngst an mich adressierten Spam-Mail. Die roten Unterstreichungen kennzeichnen diejenigen Stellen, die ich durch meine erworbene Sachkenntnis für ausbaufähig halte. Genaueres wäre in einem persönlichen Gespräch zu klären.

In Erwartung Ihrer baldigen positiven Rückmeldung verbleibe ich mit freundlichen Grüßen.

Herzlich, Ihr Leise Töne

Donnerstag, 14. April 2016

Richtig geil

Ich hätte mir doch denken müssen, dass es nicht so einfach abläuft. Es gibt doch eine Prüfungsordnung, in die ich hätte schauen sollen. Da wäre doch alles ganz klar geregelt. Meine Lieblingssachbearbeiterin im Prüfungsamt war diesmal sehr ungehalten, und wie zur Verzeihung beichtete sie während meiner Anwesenheit in einer kurzen Denkpause ihrer Arbeitskollegin am Nebentisch, dass sie es leid wäre. Sie holte einen riesigen Ordner hervor mit einem Stapel von Scheinen innenliegend, die alle noch bearbeitet werden müssten. Sie blätterte darin, um meinen vor Tagen abgegeben Schein, der noch nicht verbucht war, zu finden. Diesen Ordner hätte sie gestern erst leer gemacht, seufzte sie nach nebenan. Und heute sei alles wieder voll. Da war mir klar, dass ich mein Fett wegkriegen sollte.

Ich muss nämlich nicht nur eine Anmeldung für die Masterarbeit einreichen, sondern auch noch ein Formular zur pünktlichen Abgabe derselben, alles beglaubigt und unterschrieben und gesichtet von allen Beteiligten: Prüfern, zu Prüfende, Prüfungsamt. Das habe ich heute nachgereicht, also den zweiten Teil. Ich war schon ein bisschen stolz auf mich, dass ich das gecheckt hatte. Um sicher zu gehen, hat mir meine Prüferin der Masterarbeit sogar das Datum ihrer Unterschrift auf das Datum meines Einreichens der Arbeit zurückdatiert. Ich sagte zwar, dass das wohl keine Rolle spielen würde, aber sie bestand darauf. Sicher sei sicher.

Und dann saß ich da und traute mich schon gar nicht mehr zu fragen nach der mündlichen Prüfung. Brauchte ich auch gar nicht. Da kam meine Sachbearbeiterin schon selber drauf. „Wissen Sie, Herr Sowieso, ich möchte einmal erleben, dass bei Ihnen etwas richtig geil läuft.“ Mit einem Stoßseufzer verwies sie mich des Büros, nicht ohne mich in eine der unteren Etagen zu verweisen, damit ich mir dort das Formular zur Anmeldung der mündlichen Prüfung ausdrucke. Das machen sie bei sich nämlich nicht mehr. Das hält zu sehr auf. Wenn ich das Formlur hätte, sollte ich wiederkommen.

Als ich wieder nach oben kam mit dem richtigen Formular und es schon halb ausgefüllt hatte, kam ich erneut an die Reihe. Sie erklärte noch einmal das Procedere, sie verwies auf die Prüfungsordnung und erläuterte mir den Sachverhalt. Es wäre nämlich heutzutage überhaupt kein Problem, die mündliche Prüfung sogar vor der schriftlichen abzuschließen. Das wäre den Studierenden freigestellt. Aber weil das so ist, muss natürlich für die mündliche Prüfung eine gesonderte Prüfungseignungsfeststellung ausgefüllt werden, so wie es bei Einreichung des Themas der Masterarbeit schon einmal notwendig war.

Das Formular, welches ich mitbrachte, war deshalb ähnlich dreigeteilt. Der erste Teil mit meinen Daten, der zweite Teil wurde vom Prüfungsamt ausgefüllt, also nach studiengangrelevanten Kriterien wurden darin Häkchen gesetzt, ganz wie bei der schriftlichen Prüfung auch, und im dritten und letzten Teil sollten dann die Prüfer noch einmal gegenzeichnen. Dass diese „neue Freiheit“, von der meine Sachbearbeiterin sprach, weder im Sinne der Studierenden sein kann und erst recht nicht im Sinne der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Prüfungsamtes, und schon gar nicht im Sinne der Prüfenden, das behielt ich in diesem Moment für mich. Dieser ganze Arbeitsaufwand, das Herumgerenne und Unterzeichnenlassen. „Und jetzt, gehen Sie!“, sagte sie zum Abschied.
„Jawohl“, sagte ich.

Mittwoch, 13. April 2016

Der Niednagel am erhobenen Zeigefinger der Rechtschreibung

Suchen und finden gehören eindeutig zusammen. Suchen bezeichnet den Prozess, finden das Ergebnis. So einfach, so klar. Diffus wird das Ganze erst, wenn eines von beidem, also entweder der Prozess oder das Ergebnis, in seiner eigentlichen Relevanz herabgesetzt wird. Dies kann aus unterschiedlichen Gründen geschehen.

Goethe schrieb einmal: „Ich ging im Walde/So vor mich hin,/Und nichts zu suchen,/ das war mein Sinn.“ Überschrieben hat er diesen bekannten Anfang seines Gedichts mit dem Titel „Gefunden“. Das lyrische Ich findet ein Blümlein, obwohl ihm der Sinn nach Suche gar nicht stand.

In der heutigen Zeit ist die Suchmaschine ein längst im allgemeinen Sprachgebrauch verankerter Begriff. Eine Findmaschine gibt es nicht. Es gibt aber eine Windmaschine. Eine Windmaschine bezeichnet in der Regel eine unter dem gebräuchlicheren Namen Ventilator anzutreffende mechanisch/elektrisch betriebene Vorrichtung zur Erzeugung eines gerichteten Luftstroms.

Diese äußerst ungeschickte Einleitung sollte erläutern, wie der hier Schreibende zu seinen Forschungsergebnissen kommt. Mir fiel leider nichts Besseres ein. Trotzdem ist das heute geschilderte Problem ein wirklich drängendes. Es geht heute um den Niednagel und seinen Artverwandten den Nietnagel.

Schon in der Schreibung und der sonst sofort ins Auge springenden roten, gezackten Linie unter jedem falsch geschriebenen Wort in meinem hier nicht namentlich erwähnten Textprogramm, könnte vermutet werden, dass es sich um ein und denselben Gegenstand handelt, einmal richtig und einmal falsch geschrieben. Eine Suche im Internet mit beiden Schreibungen bestätigt diesen Verdacht, erläutert dem Sucher aber nicht, warum das hier namentlich nicht erwähnte Textprogramm den Fehler in der Schreibweise nicht anzeigt. Sogar die hierfür nicht namentlich erwähnte Suchmaschine, die zu Rate gezogen wurde, fragt mich bei Eingabe der falschen Schreibweise nicht, ob ich nicht eher den Begriff mit der richtigen Schreibweise gemeint haben könnte.

Es gibt sie nämlich, die richtige Schreibweise. Niednagel schreibt sich mit d und nicht t. So steht es im Duden, so ist es Gesetz. Wo kämen wir denn hin, wenn es sich bei der Rechtschreibung nur noch um eine statistische Größe handeln würde, deren Mittelwert als Richtlinie, oder wie in diesem speziellen Fall, deren unterschiedliche Schreibungen keinen Alarm mehr auslösten, wie bei der namentlich nicht genannten Suchmaschine und dem ebenfalls inkognito auftretenden Textprogramm tatsächlich passiert.

Wussten Sie übrigens, dass der Niednagel von Neid kommt und seine Ursache im neidvollen Blick eines anderen auf den Niednageltragenden hat? Das ist ja auch ein wirklich seltsamer Umstand, denn nicht derjenige wird bestraft, der neidisch blickt, sondern derjenige, der dem Neid ausgesetzt ist. Und das, wo doch der Neid (Invidia) als Todsünde gilt. Da erfährt der Neider vorerst Straffreiheit und der Leidtragende auf Erden ist der neidvoll Angeblickte.

Tja, das war wieder viel Wind um nichts oder, um im Bild zu bleiben, der vielzitierte Sturm im Wasserglas. Ganz ohne Ventilator. Dafür mit Goethe.

Sonntag, 10. April 2016

Krimis, Zähne, Requisiten und nochmal Krimis

Ein mittelmäßiger Tatort mit einem der besten Schlussätze, den ich jemals in einem Fernsehkrimi gehört habe: „Gehen Sie weg!“ Als wenn das etwas bringen würde. Einfach jemanden wegschicken, der ja gar nicht weggehen kann. In der darauffolgenden Tat spiegelt sich das ganze Unvermögen. Diejenige, die den Satz gesagt hat, geht weg, während die andere stehenbleibt. „Gehen Sie weg!“ Ein verdammt guter Satz.

Die Woche beginnt mit Zahnschmerzen, weil sie so bereits aufgehört hat. Ich saß auf dem elektrischen Stuhl, als bedeutungsschwangere Blicke ausgetauscht wurden. Ein Teil meiner Mundhöhle würde mich verunsichern, dachte ich noch und wurde prompt beliefert. Eine Fifty-Fifty-Chance, dass der Nerv das schafft, sagte mir meine Zahnärztin. Entweder die neue Reizempfindlichkeit, vor allem bei Kälte und Hitze, würde verschwinden oder stärker werden.

Die ersten Schmerzen schob ich der mechanischen Beanspruchung zu. Ist ja keine Kleinigkeit, wenn das halbe Gesicht erlahmt und Matrizen gefühlt bis ins Jochbein geklemmt werden müssen, weil sie darunter immer wieder vom Restzahn rutschen. Blieb ja nur eine Außenhülle. Darin fand sich eine so große Karies, die habe sogar ich auf dem Röntgenbild gesehen. Meine Zahnärztin konnte sich das kaum erklären, weil von außen überhaupt nichts zu sehen war, sie winkte ab und schob es auf die letzte Woche und lauter komische Fälle. Die Schmerzen aber blieben und nehmen seitdem mal zu und mal ab.

Ich habe meinen Job bei der Requisite gekündigt. Zum 30. April höre ich dort auf. Seit Wochen schon habe ich das Gefühl, dass wir zwei uns auseinandergelebt haben, der Job und ich. Das wirkt sich irgendwie auf mein Arbeitsverhältnis aus. Es geschehen Dinge. Es fing damit an, dass ich die falsche Frage stellte und dann offensichtlich verschaukelt wurde. Ich ließ mir nichts anmerken und, ach, Schwamm drüber. Doch plötzlich war nach einem Gastspiel das falsche Requisit in die Vorstellung geraten, mit dem ich allerdings, das muss ich zu meiner Verteidigung sagen, wirklich gar nichts zu tun habe. Es handelte sich um einen Revolver. Ich kümmerte mich natürlich trotzdem. Dann ging ein Glas zu Bruch, war auch das falsche anscheinend, damit hatte ich zu tun.

Dann gingen die Leuchtdioden im Unterboden von vier Cocktailgläsern nicht. Was dort Leuchtdioden machen, muss ich hier nicht erklären, es handelte sich bei den Gläsern aber nicht um eine Spezialanfertigung für das Theater. Nein, solche Dinge gibt es auch in Echt. Aber die Leuchtdioden waren nicht kaputt. Ich hatte sie vor Stückbeginn kontrolliert. Ich habe sie erneut ausprobiert hinter der Bühne beim Tausch mit den neuen Gläsern und den neuen Leuchtdioden, die ich direkt aus ihrem Karton genommen hatte. Aber ich kann die Schauspieler verstehen, wenn sie daraus nicht trinken wollen. Weil der Boden bei mehr als der Hälfte der Gläser, auch die, die frisch aus dem Karton kamen, unten einen Sprung hat. Zwischen den Leuchtdioden, wo natürlich auch zwei kleine Batterien im Spiel sind, und der Flüssigkeit im Glas sitzt also nur ein Plastikboden mit einem Sprung. Südostasiatische Plastikscheiße, schaut zwar gut aus, kriegste aber Pickel von.

Aber das ist ein generelles Problem im Theater. Da wird lieber noch ein wenig herumgefriemelt, als mal zu sagen, das geht so nicht. Künstlerische Wasweißich wird das genannt. Premierendenken ist das, Hauptsache raus damit, verabschiedet, gute Kritik? Super, weiter so!, schlechte Kritik? Egal, morgen ist schon wieder Premiere. Und das obwohl in der Premiere sowieso mehr als die Hälfte des Publikums aus Angehörigen besteht. Was danach kommt, ist doch meistens völlig egal, die Regisseure und Bühnenbildner sind abgereist. Damit müssen sich ab spätestens der dritten Vorstellung unterbezahlte Regieassis herumschlagen und ein Aushilfsrequisitör, der viel lieber in der Kantine gesessen hätte, um bei einem guten Buch über Zahnschmerz nachzudenken.

Ich würde ja jetzt hörbar die Luft einsaugen, wenn das nicht zu einem Allgemeinplatz verkommen wäre, der sich mittlerweile in jedem zweiten schlechten Krimi wiederfindet (googeln Sie das mal!), und wenn ich damit nicht noch immer Probleme hätte wegen meines Zahns. Stattdessen wünsche ich Ihnen lieber ein von Herzen kommendes: „Gehen Sie weg!“ Gute Nacht!

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Zuletzt aktualisiert: 24. Jul, 02:02

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