Gestern saß ich nach dem Tatort-Double-Feature beim MDR noch auf ein Bier vor dem Fernseher und überlegte kurz – nur so zum Abgewöhnen – ob ich mir nicht die Wiederholung des Polizeiruf auch noch ansehe. Das erwähnte Doppelpack mit den Kölner und Leipziger Kollegen war aber schon dermaßen ernüchternd, dass mir die Freude auf den heutigen, frischen wohl vergällt worden wäre.
Joachim Król und seine fesche Cowboystiefelschickse mit dem locker an der Hüfte baumelnden Colt sollten so kurz vor Silvester kurz nach Silvester ermitteln. Ein Mord an einer abgehalfterten Alkoholikerin mit einem nicht minder versoffenen Lebensgefährten und einem Sohn, der nicht auf Helles steht und auch nicht helle ist, aber gewalttätig. 18 Jahre ist er alt, lebt bei seiner Mutter, die seit 5 Tagen verschwunden ist und kurz nach Mitter- in der Silvesternacht ermordet wurde. Król verspricht das Trinken zu lassen und zu allem Übel kommt ein Pater ins Spiel, dem der Mord gebeichtet wird, der aber nichts sagen will, weil das Beichtgeheimnis es so möchte.
Hervorragend! Wie der gute Kommissar beim Hauptverdächtigen im Wohnzimmer steht und sich über die selbstgebaute Hausbar freut. Lächelnd steht er da und guckt und guckt und der andere guckt auch und alle gucken ein bisschen grenzdebil und die Frage nach der Nase am frisch renovierten Tresen löst dann die Sheriffin mit einer alten Malerweisheit auf. Die getrocknete Pfütze auf dem Teppich ist natürlich Blut und keine Beize und alles ist ganz einfach, wäre, wenn da nicht noch der völlig desolate Lebensgefährte einen Boxkämpfer ausfindig gemacht hätte, der ihm noch einen Mord schuldig ist. Zu dritt, den entführten Pater im Kofferraum, machen sie sich auf den Weg, zuerst Finger zu brechen und dann den steifgefrorenen Boden mit denselben bearbeiten zu lassen. Na klar, wer ahnt es nicht: eine Grube für den Pater, der an seinem Gelübde hängt, wie sein Peiniger an der Flasche.
Herrlich! Das war so gut, dass ich den vorigen Abend fast vergessen hätte. Mir sind nur zwei Details aufgefallen, die mich stutzen ließen. Das Eine gefiel, denn wer traut sich schon nach etlichen Jahren und mehreren Neumodellen in der Zwischenzeit in einem topaktuellen Film eine gelbe Telefonzelle zu zeigen. Ja, eine gelbe Telefonzelle! Das ist so grotesk, dass ich mich schlau gemacht habe. Ich fand heraus, dass es anscheinend noch 13.000 gelbe Telefonzellen gibt (Stand: November 2010). Das Andere nervte, denn das war schon im Tatort-Double-Feature von gestern Abend so: die „jungen“ Darsteller werden von den Kommissaren immer geduzt. Dass der Pater den 18jährigen Jungen duzt, meinetwegen aber doch nicht Frau Cowboystiefelcoltamgürtel.
Das war so ein klitzekleiner Wermutstropfen, ähnlich klein wie die Tropfen, die ich mir jetzt zur Nacht in die Nase gebe. Das ist kein Hannoveraner Applaus, sondern schlichte Notwendigkeit, um überhaupt noch ein wenig schlafen zu können, ich habe nämlich eine saftige Erkältung. Gute Nacht.
geht gar nicht, dann erscheint nämlich die Nachricht, der Text fehlt. In diesem Widerspruch, etwas posten zu wollen, ohne sich auszudrücken, lag bis eben ein Grundbedürfnis von mir für den heutigen Tag. Jetzt habe ich mich anders entschieden. Tja, so ist das.
Wie oft ich in den letzten Wochen im Baumarkt war, erkenne ich daran, wie ich ratlosen Gesichtern im Vorübergehen erkläre, in welchem Gang sich die Lasurpinsel befinden. Leider hat meine Baumarktflatrate keinerlei Auswirkung auf meine eigene Hilfsbedürftigkeit oder garantiert mir einen vorderen Platz an den stets schlecht besetzten Kassen. Das einzige, worauf ich mich aber immer verlassen kann, ist, dass ein weiterer Gang unerlässlich ist, weil irgendwo eine kleine Schraube, eine Zierleiste (siehe Foto) oder ein Regalboden fehlt. Selber machen heißt nie fertig werden.
Gehen Sie nicht zu nah ran, der Pfusch ist kurzsichtig.
Es ist noch keine Leiste vom Himmel gefallen.
Wir saßen beieinander in der Kantine des Schauspielhauses und unterhielten uns über Dies und Das, als plötzlich ein komplett grüner Mann um die Ecke bog, sich dazu setzte, als ob nichts wäre und zuhörte, als ob seine Erscheinung keinen Eindruck machen würde. Er war nicht nur in einem grünen Kostüm eingekleidet, das sogar seine Finger umschloss, er steckte in grünen Schuhen und hatte außerdem ein grünes Gesicht und grüne Haare. Seine Begleitung, die Ruhe selbst. Die Haare und das Gesicht seien mit einem Airbrush behandelt worden und die grüne Farbe ließe sich leicht wieder entfernen. Schweiß allein reichte schon aus, die Gesichtsfarbe zum Entgleiten zu bringen, eine Dusche täte dies aber ganz bestimmt, so erzählte er uns.
Auf die Frage hin, weshalb er an einem Sonntagmorgen, an dem kein Stück gespielt wurde, in voller Montur und komplett geschminkt in der Cafeteria des Theaters sitzt, antwortete er noch gelassen, dass es sich um einen Fototermin handeln würde für die hiesige Zeitung. Über irgendein Stück sollte also in den kommenden Tagen per Zeitung berichtet werden. Wir fragten zwar, ob er der Grinch sei, was er verneinte, aber nicht, wie das Stück denn heißen würde, das blieb uns ein Rätsel. Vielleicht ging es ja um Außerirdische.
Zufällig war in unserem Besitz eine Zeitung von diesem Format und natürlich musste die Frage aufkommen, ob sich die Verkleidung überhaupt lohne, wo doch bis auf die Titelseiten der einzelnen Rubriken – und den Feuilleton als eigenständige Rubrik gibt es in dieser Zeitung gar nicht – nicht einmal Farbfotos in der Zeitung zu finden sind. Die Ruhe war spurlos verschwunden, kein Blick unter das Sitzmöbel oder an entfernte Tische konnte sie wieder herbeizaubern und so sah sich unser Tischnachbar genötigt, die Kantine zu verlassen und ohne sie zu dem Fototermin zu eilen. Wir saßen da und lachten noch eine Weile.
Ich bin ja ein begieriger Sucher von Mustern aller Art. Und als ich neulich Abend beim Herrn Putzig weilte und in Ermangelung noch ausstehender Gäste das Gespräch hin zu kleinen Peinlichkeiten driftete, dachte ich mir nichts dabei, schrieb es mir aber trotzdem in mein kleines Notizbuch.
Es ging um das Textverständnis von Liedtexten, dass sich in Kombination mit Bildern manchmal weniger stark ausprägt, als es dem Zuhörer oder –seher lieb sein kann und deshalb seltsame Blüten zutage fördert. Als regelmäßiger Zuschauer von Dailysoaps ist mir Herr Putzig sowieso schon suspekt genug, weiß man aber, dass er dazu neigt, die Serien unter dem Aspekt seiner soziologischen Studien zu bewerten, entsteht ein komischer Eindruck bei der von ihm berichteten Episode.
Er saß mit Freunden, schon vor einigen Jahren, vor dem Fernseher und sie sahen bei Kaffee und Kuchen eine Folge „Marienhof“. Als die Eingangsmelodie ertönte, sangen alle mit. Herr Putzig allerdings sang den Refrain ein wenig anders, was zu großer Erheiterung führte. Er sang nämlich statt „Es wird viel passieren, nichts bleibt mehr gleich“, den Satz „Es wird viel passieren, mich deucht der Dolch“, was erneut für Heiterkeit sorgte und ihm damals sehr peinlich war. Heute kann er darüber schmunzeln.
An anderer Stelle, er muss noch jünger gewesen sein als zu der Marienhof-Episode, besuchte er einen Jahrmarkt. Bei uns in Magdeburg hießen diese Veranstaltungen Frühjahrs- oder Herbstmesse, wegen des Termins, sonst aber ähnelten sich die Vergnügungen. Karussells, Luftgewehrschießstände und Autoscooter waren die Highlights. Am Autoscooter konnte sich neben dem Befahren einer spiegelglatten Fläche durch einen in einem Autorreifen bekleidetes Gefährt auch noch Musik gewünscht werden. Da es allerdings dermaßen laut war, mussten die Wunschlieder auf einen Zettel geschrieben werden, die dem DJ dann überbracht wurden. Herr Putzig schrieb damals auf einen jener Zettel den wohl größten Hit Bruce Springsteens: „Paul in the USA“.
Und kürzlich stokelte plötzlich eine alte Aufnahme von „What a day for a daydream“ durch die Kneipe und
Trithemius, der mit mir dort weilte, korrigierte in „California daydream“. Da hatte ich mein Muster, dachte ich, und ich musste dringend zu Herrn Putzig, um herauszufinden, was denn nun tatsächlich gesungen wurde. Sicher war ich mir nämlich längst nicht mehr, obwohl nicht einmal Bilder den Text verstellten, also keine Fernsehbilder zumindest. Beim Herrn Putzig eingetroffen, spuckte Google beides aus, doch waren es unterschiedliche Songs und nur der erstgenannte Text kam in Frage für die gehörte Aufnahme. Ich war ziemlich erleichtert darüber, keinen „weißen Neger Wumbaba“ produziert zu haben.
Anpack, das ist der kleine Bruder von Handwerk, der mittlere von drei Brüdern und die rechte Hand von Handwerk. Zuguck, der Jüngste der Drei, ist zu gar nichts nütze, schnappt aber hin und wieder was auf und merkt es sich für später. Als ich noch Zuguck war, bekam ich zuallererst einmal Unterricht im richtigen Gebrauch von Werkzeugen und Materialen aller Art. Scheibenkleister war so ein Material, das mein Vater ziemlich häufig brauchte, er rief ständig danach und nie war welcher zu bekommen. Ganz selten rief er auch Scheiße, dann war für mich Zeit zu gehen. Zu was der Scheibenkleister nütze war, malte ich mir auch aus. Ich vermutete zum Beispiel, dass er beim Tapezieren helfen könnte, oder dass er als Fugendichtung dient.
Später stieg ich dann so langsam zum Anpack auf. Das bedeutete vor allem, sich richtig reinzuknien, den Schraubenzieher – der ja eigentlich ein –dreher ist – vom Hammer und der Zange zu unterscheiden, Nägel von Schrauben und Mütter von Muttern. In diese Zeit, sozusagen meine Wanderjahre, fiel auch mein erster richtiger Job. Ich war gerade 14 Jahre alt und hievte, mit einer Pike bewaffnet, Leute in Boote. Die Pike diente der Stabilisierung des Bootes und musste unter den äußeren Rand desselben untergehakt werden. Von oben trat man dann auf den Rand und gab den besonders Ängstlichen noch den freien Arm. Dafür gab es 5 Mark die Stunde, ich war reich.
Leider verhielt es sich mit den Booten so, dass sie häufig genau an dieser sensiblen für uns Bootseinstiegsgehilfen so wichtigen Stelle brachen. Dann wurde das gute Stück an Land geholt und auf zwei Böcke gestellt. Unsere „Chefs“, die Väter zweier Freunde und Arbeitskollegen von mir, besahen sich dann den Schaden und besorgten im Baumarkt so etwas ähnliches wie Scheibenkleister. Das strichen sie in zart angelegten Bahnen ein ums andere Mal über die Bruchstelle und ließen es dann ziemlich lange trocknen. Danach war alles wieder beim Alten.
Neue Boote waren viel zu teuer, noch teurer waren die höchst reparaturanfälligen Tretboote. Es gab immer etwas derart zu tun, eine neue Antriebswelle für einen Treter, neue Farbe, Halterungen für die Riemen, die ebenso gern ausbrachen wie der Bootsrand, gerne auch mit ihm zusammen. Wir hatten kaum genug Zeit, um richtig Skat spielen zu lernen, weil immer einer oder zwei am Werkeln waren. Aber als Geselle Anpack brauchte man sich nicht zu beschweren, man lernte viel. Als Anpack durfte ich beim Anlanden und Zuwasserlassen der Boote natürlich mithelfen, auch beim Anstreichen und Bänke zimmern durften wir helfen, das Kleben der Bruchstellen aber machten die Handwerker allein.
Gestern habe ich mir auch etwas Scheibenkleister geleistet. Einfach so. Zufällig hat er eine ähnliche Farbe wie das Kinderhochbett, an dem ich gerade baue. Ich wusste noch nicht einmal, wozu ich das Zeug überhaupt brauchen würde, bis ich mich in die Bereiche unter die Treppe wagte. Dort soll ein Regal hinein und ich bemerkte leider, dass die Benutzung einer Stichsäge mehr Übung erfordert, als ich damit bisher hatte. Nicht dass es mir nicht gelang einen geraden Schnitt zu vollführen, aber wenn eben gerade kein solcher benötigt wird, klafft am Schluss eine Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit.
Diese Lücke hat viele Namen. Manche nennen sie Pfusch und behaupten, es wäre ein verstoßener Bruder des Dreiergespanns Zuguck, Anpack und Handwerk, das schwarze Schaf der Familie, von dem man nicht gerne redet. Andere rufen es Scheibenkleister und haben nichts davon zu Hause. Dann macht Zuguck `ne Biege, denn es wird jetzt unerfreulich, und Anpack bleibt da und nimmt seinen Platz ein. Ich rief nicht nach Scheibenkleister. Musste ich auch gar nicht. Er stand nicht weit entfernt in seinem Tiegel. Ich befreite ihn daraus und strich ihn in die klaffenden, nicht klafternen Lücken.
Ein kleiner Zwischenstand, bevor es weitergeht. Die Treppe ist begehbar. Diesem Anspruch sollte das "Bauwerk" mindestens genügen, jetzt gilt es noch, das Unfallrisiko zu minimieren und etwaige Kanten glattzubügeln. Danach kann mit der Pforte fortgesetzt werden und die ersten Regale werden noch eingepflanzt. Vielleicht, aber nur vielleicht kann Sohnemann am Wochenende bereits darin nächtigen.
Mission 2 erkläre ich hiermit für beendet, der Rest ist Kleinkram, pah!
Max Goldt schrieb einmal*, dass die Säumniszuschläge beim Finanzamt derart hoch seien, dass man sich einerseits verkneift, den Saum beanspruchen zu müssen und andererseits bei jeder anderen Art von „Geschäft“ lieber auf solche Partner verzichten würde. Das ist mitnichten so, was jeder weiß, der schon einmal zufällig vergessen hat, sein Konto ausreichend zu decken, bevor der Mobilfunkanbieter abbuchen konnte und sich dann mit Mahngebühren konfrontiert sah, die das Prinzip der doppelten Buchführung durch die Verdopplung des Rechnungsbetrages persiflieren.
Das Selbstbewusstsein des Staates, in dieser Angelegenheit von Goldt besonders betont, ist demnach schon längst ein Privatisiertes, wenngleich die Steuern und Abgaben anscheinend keiner Firma, sondern dem Staate zukommen. Da ich die Versäumnisse des Staates hier gar nicht in seiner Gänze auslegen möchte und mich viel lieber frage, was bei all der Privatisierung denn einerseits überhaupt noch übrig ist davon und andererseits ein viel größeres Gebilde durch mehr oder weniger gute Schlagzeilen von sich reden macht, will ich doch lieber versuchen, mein „Stück vom Kuchen“ abzubekommen. Die Rede ist von nichts geringerem als dem Preisgeld aus dem Nobelfond.
Bei Günther Jauch gestern in der Sendung „Wer wird Millionär“ wurde die Frage gestellt, wer denn den Friedensnobelpreis erhielte, bzw. vom „Ansehen“ dieses Preises besonders profitiere. Als Antwort, wo ein Zuschauer aus dem Saal helfen musste – dafür nebenbei 500,- Euro kassierte – kam natürlich die EU heraus mit ihren knapp über 500.000.000 Einwohnern. Ich hätte die Antwort natürlich auch gewusst, maße mir aber nicht an, deshalb auf 500,- Euro zu bestehen. Ich würde mich schon über den kleinen Betrag von 0,00179 Cent freuen, meinen Anteil vom Preisgeld, das die EU für mich einkassiert hat. Diesen erbitte ich mir freundlichst auf mein Konto zu überweisen.
Das ist natürlich kaum zu bewerkstelligen, solch einen kleinen Betrag an jeden EU-Bürger zu überweisen. Da ich allerdings nicht daran glaube, dass sich die EU nun überhaupt aufmacht, das Preisgeld unter den Preisträgern aufzuteilen, ich sowieso für fraglich halte, ob sich jeder einzelne denn jetzt mehr oder überhaupt mit der EU identifizieren kann, könnte man ja den Anteil der Rechtspopulisten, Million- und Milliardäre, Politiker, Banker und sonstiger Leute, die es nicht nötig haben, unter den Verbliebenen Rechtsgläubigen aufteilen und käme vielleicht auf die stolze Summe von 0,01 Euro pro verbliebenen Einwohner.
Die Zahl, von der eben die Rede war, ist übrigens nicht nur deshalb gewählt, weil ich vermute, dass ca. ein Zehntel der EU-Bevölkerung einen Sch… auf die EU und das Preisgeld geben, vom Ansehen mal ganz zu schweigen, sondern weil ich vermute, dass die EU nicht in der Lage ist, mir das Geld pünktlich zu zahlen, weshalb ich den Rechnungsbetrag schlicht aufgerundet, äh mit Säumniszuschlägen versehen habe, wie sie ja von Staatseite ebenfalls in Betracht gezogen werden, sollte ich mit meiner Steuererklärung zu lange brauchen. Wie Sie sehen, mangelt es auch mir nicht an Selbstbewusstsein, aber wen wundert's, bin ich doch frischgebackener Friedensnobelpreisträger.
Unter Verwendungszweck kann die EU übrigens "Friedensnobelpreis" eintragen, damit ich die Überweisung auch zuordnen kann.
*in: Finanztantenhappen in Freiheit heißen Hering, aus: Max Goldt, Ä - Kolumnen, Rowohlt Taschenbuchverlag 2004.