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Bei den Leisen Tönen. Manchmal braucht es einen Blog, um sich Luft zum Denken zu verschaffen. Keine Steckenpferde, Hobbies oder sonstiges Spezielles, nur Luft zum Denken.

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Astrid Lindgren: Kalle...
Astrid Lindgren: Kalle Blomquist lebt gefährlich, Verlag...
Shhhhh - 28. Mai, 20:30
Fich
mit Michgemüse.
Lo - 2. Jun, 00:20
Er
meinte Fich. ...tennadelsarg. Twodays Beerdigung.
pathologe - 1. Jun, 08:21
Fisch?
Ich riech' nix. ;-)
Lo - 1. Jun, 07:37
Tschüß
...und danke für den Fisch.
Shhhhh - 1. Jun, 06:45

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Gedankeninseln

Samstag, 9. Juni 2012

Jahörer

Mein Sohn sagt seit ein paar Tagen "Ja!". Es ist ein trockenes Ja ohne besondere Hebung oder Senkung. Das ganze Wort, so kurz es auch ist, wird gleichmäßig schnell gesprochen und betont. Er weiß noch nicht, was es bedeutet, aber es kommt ja auch immer auf die Frage an, die man stellt. Alle Nase lang wird jetzt ein Ja von ihm abverlangt. Nein kann er nicht sagen, dafür umso vehementer kenntlich machen. Das geht vom einfachen Kopfschütteln bis hin zum Wegdrehen, aus der Hand schlagen oder zu Boden sinken und in Tränen ausbrechen.

Gestern dann stand ich am Strandleben, bestellte mir einen Kaffee und wurde nach Milch gefragt. Ich ließ ein trockenes Ja die Kehle runterrollen und blieb wie angewurzelt stehen. Ich spreche seit über 30 Jahren Jas aus und habe gestern zum ersten Mal meins gehört. Es klang wie das Ja von meinem Sohn. Und nun kann ich mich partout nicht daran erinnern, ob ich das Ja schon immer so ausgeprochen habe, oder ob das erst seit ein paar Tagen so ist.

Samstag, 26. Mai 2012

Wernigerode

Wernigerode ist wie eine Modelleisenbahn im 110:1 Maßstab, also alles in Echtgtröße, wo man seine müden Knochen doch sonst durch irgendwelche Einstiege oder abseits der Platte hinbewegen muss, um Einfluss auf den Betrieb nehmen zu können. Die HSB trötet ihren Gruß alle halbe Stunde in ca. 50 cm Luftlinie an unserer Residenz vorbei ins Tal. Der Blick auf das Schloss ist phänomenal, das Schloss selbst leider nicht unbedingt eine Reise wert, denn die Ausstellung ist eher mau.

Fachwerk ist hier der hervorzuhebenden Baustil. In der Innenstadt ist fast alles Fachwerk, hier oben auf dem Eisenberg liegen die mondänen Villen aus der Jahrhundertwende des vorigen Jahrhunderts. Selbst die Kellerfenster sind hier mondän und von steinernem Sockel umschlossen. Die Kirchen, zumindest diejenigen, ide wir besucht haben, waren alle romanischen Ursprungs. Der Turmwächter in der zweiten war nicht romanisch, aber so nett, uns den Eintritt auf die Aussichtsplattform zu erlassen. 138 Stufen habe ich gezählt, mit meinem Sohn auf dem Arm. Oben: Taubenscheiße und ein herrlicher Ausblick. Morgen geht es schon wieder weiter in die Ottonenstadt, auch irgendwie romanisch, auch mit der Eisenbahn.

Mittwoch, 2. Mai 2012

Brennendes Mikado im Flurfenster

Die Fensterscheiben des Hausflurs unseres Hauses gehen nach hinten raus und wenn ich, so wie jetzt, mit dem Sessel rechts der Balkontür sitze, geht mein Blick des Öfteren auf die Fensterscheibe zwischen der 3. und 4. Etage. Alle anderen Fenster gehören zu Wohnungen. Sie sind deshalb ihrer Etage entsprechend angeordnet und liegen etwas höher als das Flurfenster. Dieses hängt irgendwie zwischen den Stockwerken, als hätte das Flurfenster es einfach nicht mehr rechtzeitig geschafft, in der Höhe mit den anderen aufzuschließen. Es kann einem schon leid tun, wie es da so herumhängt.

In den anderen Fenstern tummeln sich die Grünpflanzen auf den Fensterbänken oder bunte Vorhänge zieren den Raum dahinter oder es strömt einfach nur warmes Licht daraus hervor. Das Flurfenster hat das alles nicht, es ist nur dunkel. Nicht einmal der Himmel will sich darin spiegeln. Er schickt nur einen schwachen Abgesang seiner Herrlichkeit und färbt das dunkle Fenster zu einem dunklen Fenster mit blauer Tönung um.

Doch dann kommt plötzlich Bewegung auf die Fensterscheibe. Ein leuchtend gelbes V – nicht wie ein Victoryzeichen zweier Finger, eher wie zwei dicht beieinander liegende brennende Mikadostäbchen, die sich an der Spitze berühren – kriecht die Scheibe entlang nach unten. Ich drehe mich um in Richtung Abendhimmel und suche dort nach dieser Erscheinung. Ich glaube kaum, dass im Flur zwei brennende Mikadostäbchen die Fensterscheibe herunterkriechen. Ich finde sofort den Flieger. Seine leuchtende Triebwerkskorona war sich nicht zu schade, dem Flurfenster ein wenig mehr Sinn zu verleihen, auch wenn ich dafür erst ihr echtes Abbild suchen wollte. Ich drehe mich zurück und schaue den brennenden Mikadostäbchen bei ihrem Untergang auf der Fensterbank zu.

Montag, 30. April 2012

Gendern ohne Kopf und Kern

Doppelt hält einfach besser. In der Buchführung weiß man das schon seit mehr als 600 Jahren. Die Grammatik ist nur unwesentlich älter. Als sie damals vor 1000 Jahren eingeführt wurde, gab es aber noch keine doppelte Buchführung und deshalb ist ein Teilbereich der Grammatik heute ständiger Stein des Anstoßes: das Geschlecht. Beim Geschlecht kann man so ziemlich alles falsch machen, was nur geht. Man könnte, so wie ich gerade zweimal hintereinander, das unbestimmte Pronomen der 3. Person nicht durch das weibliche Pendant ergänzen man/frau. Man könnte aber auch zum Beispiel Feuerwehrmann sagen, obwohl es ein weiblicher Feuerwehrmann ist, also eine Feuerwehrfrau demzufolge. Viel schlimmer ist es noch beim Zimmermann, dessen bessere Hälfte heißt nämlich nicht Zimmerfrau, sondern Zimmerin. Das habe ich neulich bei „Wer wird Millionär“ gelernt ( das Einkanalmedium Fernsehen hat mich mit seiner Gießkanne getroffen und herausgekommen ist dieser Tropfen Unfug ). Die Zimmerfrau vermietet nämlich Zimmer, nur wie heißt der Mann der Zimmer vermietet?

Das übliche Verfahren bei Berufs- und Titelbezeichnungen ist, dem Suffix –er ein weiteres Suffix anzuhängen, ein –in, womit wir wieder bei der doppelten Buchführung sind. Selbst bei Berufen und Titeln, die ohne Suffix auskommen, der Doktor zum Beispiel, hängt man einfach ein –in an und schon ist das weibliche Pendant fertig. Manchen Berufen reicht das Suffix allein jedoch nicht aus, nach mehreren Staatsexamen und einer fast zehnjährigen Ausbildung durch die unterschiedlichsten Instanzen wird dann auch noch fleißig geumlautet ( lies: ge-um-lau-tet, das Präfix ge- bekommt sein Fett an anderer Stelle weg ): Anwalt und Anwältin.

Plurale sind ganz besonders knifflig. Sehr clever ging es zu in einem nicht näher zu beschreibenden Institut, in dem ich einmal tätig war. Dort wurden Formen wie Student und Studentin einfach gegen Studierende ausgetauscht und der Genusmarker, der Artikel, einfach weggelassen bzw. dem Geschlecht entsprechend ergänzt ( siehe auch hier ). Das geht natürlich nicht immer, denn aus Absolvent und Absolventin Absolvierende zu machen hinterlässt ehemalige Studierende dann doch zu sehr in der Schwebe. Häufig finden sich dann so interessante Regelungen wie StudentInnen, Absolvent:innen. Plurale können aber auch ganz anders auftreten. Auch sie können sich doppelt herumtreiben, wie zum Beispiel in der wunderbaren Komposition des Pferdeapfels. Die Pferdeäpfel beinhalten ( lies: be-in-hal-ten, ansonsten siehe Präfixe) nämlich gleich zwei Pluralformen, zum einen die Pferde und dann deren Äpfel. Hier muss natürlich nicht gegendert werden. Obwohl dies interessante Ergebnisse zeitigt: denn anders als im herkömmlichen Kompositasinne „regiert“ nicht das letzte Wort die vorangegangenen, sondern das erste Wort das letzte ( siehe auch Kopf-und-Kern sowie Rechtsköpfigkeit ). Herauskäme dann statt des wertneutralen Pferdeapfels ein Hengst- bzw. Stutenapfel. Doppelt blöd wird es erst, wenn gegendert werden muss, und das gleich zweimal. Dann werden aus den
Ausländersprechern die
AusländerInnensprecherInnen.

Nicht auszudenken, was passieren würde, wenn ein dritter zu gendernder Teil auftreten würde. So etwas kann schon mal darüber entscheiden, ob das Plakat im Quer- oder Hochformat gedruckt werden muss.

Freitag, 27. April 2012

Geschäftswetterindex

Der Strand hat wieder aufgemacht und das seit Tagen schwelende schöne Wetter hat trotzdem auf sich warten lassen. Ich vermutete ja schon einen Zusammenhang mit meinem bisher fehlenden Gesundheitszeugnis, das habe ich jetzt nachgeholt, das Wetter war trotzdem so lala aber wir hatten auf. Angekündigt wurde ja ein Blitzsommer ( Achtung der Link führt zur BLÖD ) aber der war wohl nur für Süddeutschland gedacht - ein marginaler Ankündigungsfehler. Ich hätte es natürlich besser wissen müssen, wo ich bei Wettervorhersagen ja sowieso eher vorsichtig bin. Der Hurraoptimismus einiger Redaktionen zielt ja eher auf die positive Schlagzeile, denn auf den tatsächlichen Wahrheitsgehalt für alle. Schließlich wissen wir schon seit langem, dass schlechte Nachrichten die wirklich guten Nachrichten sind und man den Zeitungen ja nicht vorwerfen möge, deshalb nur schlechte Nachrichten zu drucken, da ist ein euphorischer Wetterbericht doch auch mal was.

Verquer wie das eben ist auch die Feststellung der Wetterexperten, dass Klima das ist, was wir erwarten und Wetter das, was wir kriegen. Verquer deshalb, weil diese optimistische "Vorhersage" meist auf statistischen Daten beruht, die sich aus den letzten 30 Jahren Wetterbeobachtung erschließen und alljährlich im Winter die Leute an vermeintlich noch einigermaßen warme Plätze lockt. Da wird kurzerhand ein Zypernurlaub im Dezember gebucht und 25° C erwartet. Ähnlich verhält es sich auch mit dem Ifo Geschäftsklimaindex, der, wie könnte es anders sein, natürlich nicht Ifo Geschäftswetterindex heißt, weil ja keiner möchte, dass er mit einem Regenschirm zur Börse rennt, obwohl die Prognose doch freundlich war. Da wird der viel dehnbarere Begriff des Klimas herangezogen, um uns vorzugaukeln, alles wäre super.

Ich für meinen Teil, lasse die Kapuzenjacke weiterhin in meinem Gepäck, denn ich vertraue weder den Klima- und erst recht nicht den Wetterexperten, auch wenn es heute am Strand trocken blieb.

Samstag, 14. April 2012

Hat jemand Zeit?

Eigentlich ist es gar keine urbane Legende, denn diese Geschichte ist überhaupt nicht unheimlich oder sonstwie verstörend. Sie handelt nicht von Krankheiten, Straftaten, Racheakten oder übersinnlichen Erfahrungen. Und nur weil ihr der Wahrheitsanspruch nicht abgeht, kann sie überhaupt in die Kategorie der modernen Sage fallen – so wird die urbane Legende ebenfalls genannt.

Wenn man die Limmerstraße in Richtung Küchengarten geht, ist spätestens an demselben Schluss mit der autofreien Flaniererei, denn es gilt, um den Küchengartenplatz zu erreichen, die Fössestraße zu überqueren. Diese Straße hat es in sich, hier bewegt sich wegen der wenigen Verbindungen zwischen dem Zentrum von Hannover und Hannover Linden eine Menge. Überhaupt gibt es nur wenige Verbindungen über die Leine und eine davon ist seit Jahren Dauerbaustelle.

Aber zurück zur Ampel, eine Fußgängerampel. Hier steht der gemeine Lindener, der nach einer anderen urbanen Sage durchschnittlich 78 Tage seines Lebens an roten Ampeln wartet, besonders lange, denn durch die komplizierte Kreuzung mit vorgelagerten Linksabbiegern, Straßenbahnen, die die Fahrbahn kreuzen, hat der Fußgänger einfach die schlechtesten Karten. Den einzigen Menschen, denen es an dieser Ampel besser gehen soll, ist den Blinden.

Wie geht das? Ganz einfach. An dieser Ampel ist, wie häufig in Hannover zu sehen, eine Vorrichtung angebracht, mit der es möglich wird, in den Grünphasen für Fußgänger einen Klickton freizuschalten. Jemand der nicht sehen kann, ob die Ampel grün oder rot ist, muss sich somit nicht auf andere Passanten verlassen. Fahren die Finger den Ampelpfeiler entlang und erwischen den gelben Kasten mit den drei schwarzen Punkten von unten, dann offenbart sich dort eine Aussparung, in der sich ein Druckknopf befindet.

Als ich neulich selbst an dieser Ampel stand, kam mir eine Freundin entgegen, die behauptete, dass die Fußgängergrünphase schneller heranrückt, wenn dieser Schalter betätigt wird, also nicht die freiliegende Fläche mit den drei Punkten, sondern der geheime darunter. Sie ließ sich davon nicht abbringen und hatte dies selbst von einer anderen Freundin erfahren.

Ich kann nicht sagen, ob das stimmt, ich habe es nicht ausprobiert, weil ich sie erst hinter der Ampel sprach und zurück einen anderen Weg ging. Um das zu testen, müsste zu verschiedenen Zeiten jemand dort stehen und zu unterschiedlichen Ampelphasen immer mal wieder diesen Knopf drücken und die Zeit stoppen. Ampeln sind ja bekanntlich zu Stoßzeiten und manchmal sogar je nach Verkehrssituation in der Lage, auf den herrschenden Verkehr zu reagieren. Welche Rolle spielt dabei die Fußgängerampel? Ist das überhaupt möglich? Hat jemand Zeit?

Dienstag, 10. April 2012

Birne weg

„Können Sie mir sagen, wie ich zum Birnenweg komme?“ „Sie“ hatte sie gesagt und meinte mich damit.
„Birnenweg? Der muss hier irgendwo sein, keine Ahnung wo“, so sprach ich wohl und zeigte nach Überall.
„Danke“, hörte ich sie noch sagen, bevor die Frau weiterstapfte im Obst- und Blumendorf. Das „Sie“ wanderte mit meinen Augen zusammen an mir herab, musterte mich von oben nach unten, drehte kurz vor dem Straßenbelag bei und verschwand irgendwo in Richtung Geradeaus hinter einer Hecke. Ich ging nämlich gerade von der Schule nach Hause, da gab es viele Hecken.

Mindestens zweimal am Tag lief ich durch die Reihenhaussiedlung Alt-Reform, weil sonst nur ein Umweg von mehreren hundert Metern zu meiner Schule führte, die ich ab der 7. Klasse besuchte. Umwege sind aber was für trödelnde Gedanken und ich war Schnelldenker und ich ging auch so – immer ein Ziel vor Augen, mit großen ausgreifenden Schritten. Ich teilte die Strecke in kleine Häppchen und legte am Ende eines Happens, also bei jeder zweiten Biegung, immer eine Schippe Kohlen nach. Mit genügend Hackengas konnte ich die Strecke von 20 Gehminuten auf 12 zusammenschmelzen, dafür musste ich aber in den Kurven in Schräglage gehen, wie dieser Tankstellenverkäufer, der immer so schneidig um die Regale kurvte und uns in der Spätjugendphase, vorzugsweise Samstag- oder Freitagnacht gegen halb drei, in der Tankstelle am Westring bediente. Es kam schon mal vor, dass wir alle hintereinander einzeln bestellten, nur um den Michael Schuhmacher der Tankstellenverkäufer möglichst oft nach einem Bier flitzen zu sehen. Er war nicht auf der Arbeit, er war auf Flucht. Naja, vielleicht war er doch kein Schumi, der Tankstellentyp trug nämlich eine Brille. Und die rutschte ihm zu allem Überfluss auch noch ständig von der fliehenden Nase.

Am schnellsten aber war ich bei meinen Schlussfolgerungen. Ich schloss daraus, dass ich im Dahlienweg wohnte und es außerdem einen Nelkenweg und einen Lilienweg in der Gartenstadt gab, es auch einen Birnenweg geben musste. So ähnlich habe ich es der Frau zu erklären versucht, glaube ich.

Jahre vergingen. Ich brachte ein wenig Ruhe in meine Gedanken und ließ den Blick vor allem in der Schule schweifen. Auch auf dem Nachhauseweg war ich längst nicht mehr so schnell wie früher und so kam mir irgendwann ein Straßenschild unter, auf dem stand doch tatsächlich Birnenweg. Er lag im dritten Häppchen von Zuhause aus gerechnet. Niemand, den ich kannte, wohnte da.

6 Jahre lang bin ich fast jeden Tag durch diesen Weg gegangen, ohne dass mir das aufgefallen war. Das konnte aber wirklich niemand ahnen, es stand ja nur ein Birnbaum in der Straße. Ich legte daraufhin beschämt den Turbo ein und verfing mich in Schräglage in einer ausufernden Heckenlandschaft am Knick des Weges. Heute steht da keine Birne mehr, nur noch ein Auto in der Auffahrt, manchmal.

Freitag, 6. April 2012

Ostern

Heute ist Karfreitag. Ostern rückt mir auf die Pelle, wie ein Betrunkener, der mir ganz im Vertrauen von seinen Sorgen berichten möchte. Dabei habe ich selbst genug Sorgen. Er hechelt mir Ostern ins Ohr.

Trotzdem versuche ich den freien Tagen etwas Schönes abzugewinnen. Mir fällt zum Beispiel immer der Osterspaziergang von Goethe ein, wenn ich an Ostern denke. Die ersten Zeilen bekomme ich immer noch aufgesagt, obwohl mir das Erlernen des Gedichts fast so lang her zu sein scheint wie das Erste Konzil von Nicäa.

Als ich neulich in meiner Lieblingskneipe saß und auf Trithemius wartete, versuchte ich zum Spaß eine Neufassung des Gedichts. Da Trithemius aber pünktlich kam und ich das Projekt aus den Augen verloren habe seitdem, ist es unvollendet geblieben. Damit es nicht verloren geht, will ich es hier reinstellen. Ich hätte es Frühjahrsputz genannt:

Mit drohend Gebärde liegt die Wäsche,
wüste Haufen versperren jeden Blick,
die Sonne scheint, was für ein Glück.
Gevatter Faulheit schlägt in die Bresche
und treibt mich in mein Bett zurück...


Es ist gar nicht so einfach, wenn Reimschema und möglichst auch noch die Reimworte identisch, mindestens aber ähnlich sein sollen. Ich hoffe, ich habe jetzt niemandem das Fest verdorben, weil die Fenster plötzlich dreckig erscheinen, der Boden voller Fussel ist oder ein Berg Wäsche wartet. Fröhliche Ostern!

Donnerstag, 5. April 2012

Felsenplatte digital

Ich habe heute mein Notizbuch entdeckt, das ich im Urlaub in Thailand vor zwei Monaten benutzt hatte. Es lag unter einem Stapel dünnem Holz auf meinem Schreibtisch. Hin und wieder möchte meine Frau nämlich, dass ich meinen Schreibtisch aufräume und dabei landen dann immer jede Menge Rechnungen, Mahnungen, Erinnerungsschreiben, schlicht die ganze Post im Papierkorb. Naja, und als ich diesen Stapel bedruckter Not endlich vom Halse hatte, offenbarte sich darunter ein dünnes schwarzes Büchlein, aus dem noch der Sand eines fernen Strandes gerieselt kam:

Heute keine Eindrücke, nur Plattfüsse. Ich wandere über die Felsen am rechten Ende des Strands. Die Felsen sind fest und dulden keine Dellen. Nur Rillen. In denen das Wasser herabläuft.
Die Felsen hier sind bestimmt Tausend Jahre alt. Tausend Jahre alte Schallplatten, denen der Regen und die Gischt eine immergleiche Melodie entlockt. Das Wasser in den Rillen ist wie die Nadel eines Plattenspielers und immer mal wieder springt ein Tropfen woanders hin. Dann hüpft die Nadel, bevor sie wieder einrastet. Ob die Felsen wissen, dass wir längst im digitalen Zeitalter angekommen sind?

Donnerstag, 29. März 2012

Blümern ist neologisch

20 Versuche jetzt einen neuen Beitrag anzulegen. Ich benutze schon gar keine Prädikate mehr im ersten Satz, weil ich den Eintrag wahrscheinlich gleich wieder löschen werde. Ich kann ja schließlich keine Handlung beschreiben, die nachher niemand nachvollziehen kann. Prädikate werden sowieso überbewertet, sie knüpfen ja nur die Bande zwischen den Akteuren im Satz. Hah, und jetzt kommt`s ganz dick: ich kann aber Sätze schreiben, die überhaupt nicht zum vorangegangenen passen: Die Gauck-Behörde könnte man zwar immer noch mit Gauck in Verbindung bringen, sie heißt aber längst nicht mehr so. Sie heißt jetzt Jahn-Behörde, zwischenzeitlich Birthler-.

Zu den Prädikaten von Gauck gehört eindeutig gaucken (was war denn das für eine Überleitung, ich zucke überrascht mit den Augenbrauen), ein Neologismus aus den 90ern, der es sogar in die Liste der Wörter des Jahres 1992 schaffte. Hartzen ist übrigens Jugendwort des Jahres 2009. Riestern hat es nur in die Fachliteratur* geschafft, war kein Wort irgendeines Jahres und steht damit auf ebenso dünnen Beinchen wie mompern ( wer war das nochmal, der Momper? ) oder genschern. Blümern würde ich im Zusammenhang mit riestern als passende Ergänzung betrachten. Immerhin hat der gute Norbert Blüm ja mal gesagt: "Die Rente ist sicher", nur hat er die Höhe der Rente ausgeklammert. Blümern gibt es aber nicht. Wulffen dagegen gibt es, es steht aber nur im "Wörterbuch der Jetztzeit". Tz,tz, könnte ich jetzt sagen, die Halbwertzeit dieser Verben ist auch nicht mehr das, was sie einmal war.

Das wollte ich aber gar nicht sagen. Ich habe schlicht vergessen, was ich sagen wollte. Bin jetzt auf diesen Eintrag gestoßen und lasse zur Abwechslung mal das Subjekt weg - wie bei wulffen, das Verb gibt es noch, das Subjekt ist weg. Wir haben jetzt ein neues Subjekt. Bei dem Artikel dort fällt mir auf, dass da schon so viel steht, dass ich wohl kaum noch was über das Thema verlieren kann, was noch nicht gesagt wurde. Ich bleibe also bei meiner eigenen Wortkreation von blümern stecken und schenke mir den Rest. Satzglieder werden im Allgemeinen sowieso überwertet. Der folgende Satz kommt deshalb ganz ohne aus:

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Zuletzt aktualisiert: 24. Jul, 02:02

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