Durch Zufall stieß meine Frau gestern auf diese
merkwürdige Veranstaltung im Veranstaltungskalender der MagaScene. Ich kannte zumindest den Titel schon und nach ein wenig Überlegen fiel mir auch ein woher. Da renne ich mindestens zweimal am Tag vorbei, wenn ich das Haus verlasse. Das Plakat dazu befindet sich nämlich an der Tür von einem kleinen Laden in einer Nachbarstrasse und versperrt die Sicht auf das Innere des Ladens. Das Schaufenster ist abgedunkelt. Für mich eine Ungeheuerlichkeit, kann ich doch nicht sehen, was sich dort drinnen abspielt.
Seit gestern Abend weiß ich es. Dort haben ein paar findige Leute ein Hörspiel kreiert und vermarkten dies mit Lesungen rund um Hannover-Linden. Alle drei Vorleser kommen mit einer grundsoliden Schnoddrigkeit daher und reihen sich somit nahtlos in ein ebensolches Publikum ein. Ich habe sie nicht erkannt. Andere sind dabei - vielleicht Hardcore-Fans - die sind geschminkt und laufen mit bluttriefenden Augen und Mäulern durch den Laden. Als mich so einer am Eingang begrüßt, dachte ich zuerst, der gehört hier gar nicht her. Aber die gehören alle hier her. Eine gesunde Mischung aus alltäglichem Wahnsinn und vorabendlicher Feierstimmung.
Die Lesung beginnt. Ein paar leichte Regeln: 1. Wer sich im Text verheddert, muss einen Kümmerling trinken, das Publikum ist Jury. 2. Wenn ein bestimmter Jingle eingespielt wird, gibt es was zu gewinnen. Da muss man schnell sein und die Frage beantworten, die von einem blutunterlaufen Einpeitscher per Mikro in den Saal gebrüllt wird. 3. Achso, und Ruhe sollte herrschen, ein gewagtes Unterfangen.
Es klappt alles wie am Schnürchen. Die drei Vorleser sind geübte Leser und anfangs denke ich noch, die gehen hier ganz nüchtern raus ( die paar Astras auf dem Tresen reichen ja kaum zur Kehlenbefeuchtung ). Doch dann geht es allmählich los. Erst ein Kümmerling, dann ein zweiter, ein dritter usw. Die Lesung entwickelt sich zum Härtetest für die Lach- und Schluckmuskeln. Jedes Wort, das sich einer etwas eigenwilligen Aussprache erfreut, wird abgeklopft und auf Lesefehler hin untersucht. Der "Daktar" zum Beispiel, der sich nach mehrmaligem Wiederholen als schrullige Aussprache einer alten Dame entpuppt und somit nicht zählt. Dafür zählt aber "wiedergegäben", denn wie einer der drei Vorleser richtig feststellte, sind Partizipialkonstruktionen nicht mit dem Konjunktiv zu kreuzen. Ein Dauerwitz waren auch die Rolladen ( so standen sie im Text und wurden deshalb falsch betont vorgelesen - das kostete einen Kümmerling ) bei denen es weniger um Rolladen, sondern vielmehr um Rollläden ging.
Der ganze Abend war eine krude Mischung aus Horror-Hörspiel und Trinkgelage und bis auf meine Frau, die nichts trinken darf, gab es wohl niemanden in dem Laden, der nüchtern war. Nach mehr als 2 Stunden war der Spuk vorbei. Für 3 Euro Eintritt ein absolut gelungener Abend. Die nächte Veranstlatung werde ich wohl auch besuchen, findet sie wie die gestrige doch keine 200 Meter von zu Hause entfernt statt. Ein Argument, das nicht zu vernachlässigen ist, wenn man mittlerweile weiß, worum es geht. Es geht um Zombies in Linden und die sind nicht gut zu Fuß.